Zentralrat Deutscher Sinti und Roma veröffentlicht Referenzpapier mit Arbeitsdefinition zu Antiziganismus

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma veröffentlichte im Juli 2016 mit einer internationalen „Allianz gegen Antiziganismus“ ein Referenzpapier mit einer Arbeitsdefinition zu Antiziganismus. Das Referenzpapier soll einen wichtigen Beitrag zu aktuellen Debatten leisten, damit die Ursachen, Strukturen und Auswirkungen von Antiziganismus in Politik und Gesellschaft eindeutig benannt werden. Zudem soll es das Bewusstsein von politischen Entscheidungsträgern über Antiziganismus stärken und zur Entwicklung effektiver Gegenstrategien beitragen.

Romani Rose, Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, betont die Verantwortung zur effektiven Bekämpfung des Antiziganismus: „Das Referenzpapier benennt endlich die in Deutschland und Europa tief verwurzelten Strukturen des Antiziganismus. Der Antiziganismus hat nicht nur dramatische Auswirkungen auf das tägliche Leben von Sinti und Roma. Die unsichtbaren Mechanismen des Antiziganismus bestimmen auch heute oft noch das Denken und Handeln von politischen Entscheidungsträgern und Institutionen. Deutschland sollte eine Vorbildfunktion einnehmen um öffentlich den jahrhundertealten Antiziganismus zu ächten und zu bekämpfen. Im NS-besetzten Europa fielen dem Holocaust über 500.000 Sinti und Roma zum Opfer. Es ist das Vermächtnis und die Aufgabe der Demokratie, dass die europäische Politik dem Antiziganismus genauso entgegentritt wie dem Antisemitismus.“

In Antwort auf die Veröffentlichung des Referenzpapiers, sagt Rita Izsák-Ndiaye, unabhängige Expertin für Minderheitenfragen des UN-Büros des Hohen Kommissars für Menschenrechte: „Ein überzeugender Beitrag zur Debatte; internationalen Organisationen, einschließlich der Vereinten Nationen und der Europäischen Union müssen diese Aufforderung zur Kenntnis nehmen, um ihre Perspektive auf die Inklusion der Roma zu verändern.“

Zeljko Jovanovic, der Leiter des Büros für Roma Initiativen der internationalen Open Society Stiftung, äußert: „Dieses Papier beschreibt das jahrhundertealte Problem des Antiziganismus. Es betont die institutionelle Missachtung der Verantwortung dieses zu bekämpfen. Ein nächster Schritt wäre zu untersuchen, wie Institutionen Antiziganismus verstärken und Geltung verschaffen. Wenn aktuell fremdenfeindliche Populisten, welche die EU bedrohen, eindeutig Antiziganismus zum Stimmengewinn nützen, kann sich der Rest der europäischen Politiker nicht leisten, das zu ignorieren.“

Die internationale „Allianz gegen Antiziganismus“ ist eine punktuelle Koalition von Organisationen, die sich für die Gleichberechtigung von Sinti und Roma einsetzen und für ein besseres Verständnis und Handeln gegen Antiziganismus eintreten. Die Allianz umfasst schon jetzt über 70 Organisationen aus ganz Europa und weitere treten noch bei. Eine aktuelle Liste der Mitglieder, sowie das Referenzpapier können auf www.antigypsyism.eu eingesehen werden (eine deutsche Übersetzung des Papiers folgt).

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