Zentralrat spricht NSU-Untersuchungsausschuss Anerkennung aus – Rechtsverstöße bei Polizei und Justiz erfordern wirksame Konsequenzen

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sprach heute dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages Anerkennung für seine geleistete Arbeit aus. In einem Schreiben an dessen Vorsitzenden, Sebastian Edathy, MdB, hob Rose hervor, der Ausschuss habe seinen Untersuchungsauftrag sehr sorgfältig erfüllt.

Die zu Tage geförderten Sachverhalte seien allerdings erschreckend. Der Ausschuss hätte bezüglich des Vorgehens von Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Sinti und Roma in dem Fall Kiesewetter diskriminierende Auffassungen und Praktiken aufgedeckt, die man mehr als 60 Jahre nach dem Holocaust nicht mehr für möglich halten sollte, schrieb der Zentralratsvorsitzende. „Wie kann es in einem Rechtsstaat angehen, dass aufgrund eines anonymen Hinweises „Es waren Zigeuner“ (wie der Ausschuss auf Seite 644 ff. feststellte) und der eigenen „Rassen“-Diagnose der Behörden, die Schausteller auf dem Messplatz seien „Sinti und Roma“ oder „Landfahrer“, der gesamte Polizei und Justizapparat einschließlich des BND gegen die Minderheit in Marsch gesetzt wird. Die vom Untersuchungsausschuss zitierten Aktenvermerke erinnerten an die Arbeitsweise der früheren „Landfahrerzentrale“ im Bayerischen LKA, wo nach 1945 über Jahrzehnte hin frühere NS-Beamte die Sonderfassung der Minderheit und die Verbreitung der rassistischen Stereotypen innerhalb der Polizei betrieben, so Rose. Der Gipfel des Skandals sei, dass nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses die öffentliche Verdächtigung und Fahndung gegenüber der Minderheit fortgesetzt wurde, obwohl bereits bekannt war, dass die DNA-Spur des sog. „Phantoms“ falsch war. „Hier ist offenbar die traditionelle Roma-Feindlichkeit wieder zum Tragen gekommen“, erklärte Rose.

Diese Arbeitsweise von Polizei und Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg, die massive Rechtsverstöße gegen die Minderheitenschutz-Abkommen beinhaltete, müssten nicht nur aufgearbeitet werden. Es sei auch erforderlich, dass die rassistischen Äußerungen und Beschuldigungen aus den Akten über die terroristischen Morde beseitigt werden, und insbesondere die über Sinti und Roma gesammelten Daten und DNA-Proben vernichtet werden, forderte Rose. „Diesen Anspruch werden wir erforderlichenfalls gerichtlich durchsetzen.“

Der Zentralrat will sich auch wegen der vom Untersuchungsausschuss aufgeführten öffentlichen Entschuldigung nochmals an Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wenden, mit dem es bereits ein erstes Gespräch dazu Anfang des Jahres gegeben hatte.

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Dienstag 27 Mrz 2018
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