Am gestrigen Abend verstarb Hugo Höllenreiner in seiner Heimatstadt Ingolstadt; er wurde 81 Jahre alt. Hugo Höllenreiner war dem Zentralrat und dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma über viele Jahre eng verbunden. Als Holocaust-Überlebender hat er nicht nur an zahlreichen Veranstaltungen der beiden Institutionen teilgenommen, sondern auch historische Fotos sowie Dokumente seiner Familie für die Ausstellungen des Dokumentationszentrums zur Verfügung gestellt.
Hugo Höllenreiners Leben war geprägt von der furchtbaren Verfolgungserfahrung, die er als Kind in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern machen musste. Seine Familie ist seit Generationen in Bayern beheimatet, bevor sie von den Nazis systematisch entrechtet und schließlich in die Vernichtungslager deportiert wurde. Auf einem Familienfoto, aufgenommen wenige Jahre vor der Verschleppung nach Auschwitz, sieht man den damals achtjährigen Hugo mit seiner Mutter Sofie und seinen Geschwistern. Es ist ein berührendes Zeugnis bürgerlicher Normalität und familiärer Geborgenheit, die bald darauf grausam zerstört werden sollte.
Trotz dieser traumatischen Erlebnisse und dem Verlust vieler Angehöriger hat sich Hugo Höllenreiner schon früh als Zeitzeuge engagiert. Dabei stand sein Wirken ganz im Zeichen der Versöhnung. Vor allem durch das 2005 im Hanser Verlag erschienene Buch von Anja Tuckermann „Denk nicht, wir bleiben hier!“ Die Lebensgeschichte des Sinto Hugo Höllenreiner und eine zwei Jahre später entstandene TV-Dokumentation wurde Hugo Höllenreiner als Zeitzeuge weit über die Grenzen Bayerns und Deutschlands hinaus bekannt. Am 2. August 2005 sprach er bei der Internationalen Gedenkveranstaltung anlässlich der Auflösung des sogenannten „Zigeunerlagers“ in Auschwitz-Birkenau am 2. August 1944 als Vertreter der deutschen Sinti und Roma für die Überlebenden des Völkermordes.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, erklärte zum Tod von Hugo Höllenreiner: „An dem jahrzehntelangen Kampf der deutschen Sinti und Roma um gesellschaftliche und politische Anerkennung und um ein würdiges Erinnern an unsere Toten hatte Hugo Höllenreiner einen ganz wesentlichen Anteil. Unermüdlich hat er im Dialog mit der Politik, auf Gedenkveranstaltungen oder in Schulen Zeugnis vom eigenen Leidensweg abgelegt und an die Gräuel der Nazi-Barbarei erinnert. Dabei hat er sich niemals auf die Rolle des passiven Opfers reduzieren lassen. Für Hugo Höllenreiner war Erinnerung stets auch Verpflichtung für die Gegenwart. Dafür wurde er zu Recht geehrt und ausgezeichnet. Hugo Höllenreiner sah es als seine Pflicht an, auch im Namen derer zu sprechen, denen die Stimme geraubt wurde. Das beeindruckende Zeugnis, das er hinterlassen hat, ist eine bleibende Mahnung für die nachfolgenden Generationen. Sein Name ist weit über München und Bayern hinaus zu einem Vorbild für historische Aufklärung und gelebte Versöhnung geworden. Dafür gebührt ihm nicht nur der Dank der deutschen Sinti und Roma, für deren öffentliche Anerkennung er so viel getan hat, sondern der Dank der ganzen deutschen Gesellschaft. Wir werden Hugo Höllenreiner nicht vergessen.“