Entschädigung und NS-Verfahren

Mit seinem Büro in Heidelberg bewirkte der Zentralrat ab dem Jahr 1982 für die noch lebenden Opfer der NS-Verfolgung eine grundlegende Änderung der früheren diskriminierenden Wiedergutmachungspraxis. Nachdem sogar der Bundesgerichtshof mit rassistischen Begründungen die Ablehnungspraxis der Entschädigungsbehörden mit seinem Urteil aus dem Jahre 1956 gerechtfertigt hatte, setzte der Zentralrat eine Wiederaufnahme der früheren Ablehnungsverfahren durch und erreichte in mehr als 3.500 Einzelfällen Neuentscheidungen der Entschädigungsbehörden mit der Gewährung von vorher versagter Entschädigung für erlittene KZ-Haft, Ausbildungs- und Berufsschäden und die Gewährung von Renten für erlittene Körperschäden. Darüber hinaus wurde Ende der 1990er Jahre von unserem Büro in Heidelberg für die Holocaustüberlebenden der deutschen Sinti und Roma eine einmalige Anerkennungsleistung durch den Schweizer Banken-Fond für Vermögensschäden, die von den Nationalsozialisten bei der Deportation der Betroffenen verursacht worden waren, in 2.900 Fällen durchgesetzt. In 1590 Fällen unterstützte der Zentralrat seit dem Jahr 2000 Anträge der Betroffenen für die Bewilligung einer Entschädigung für geleistete Sklavenarbeit in den Konzentrationslagern nach dem von der Industrie und der Bundesregierung geschaffenen Fond und bearbeitete Anträge nach dem sogenannten „Ghetto-Rentengesetz“ sowie nach der  Regelung bei dem Bundesfinanzminister für eine „Anerkennungsleistung“ (2000 Euro) bezogen auf die Ghettos im früheren  „Reichsgebiet“. Nach Verhandlungen des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma mit dem Bundesministerium der Finanzen im Jahr 2009 wurden für diese Richtlinie auch die Lager und Haftstätten für Sinti und Roma im damaligen Deutschen Reich anerkannt. Mit dem Bundesministerium der Finanzen finden regelmäßige Verhandlungen statt. Zuletzt wurden dort bezüglich der Anträge nach der Härteregelung des Bundes erleichterte Antragsmöglichkeiten (genauso wie für jüdische Verfolgte) geschaffen.

Seit seiner Gründung leistete der Zentralrat zudem eine systematische Aufarbeitung und Dokumentation des Völkermords an den Sinti und Roma verbunden mit der Verfolgung noch lebender SS-Täter, häufig in Zusammenarbeit mit Simon Wiesenthal und mit Behörden in der Bundesrepublik Deutschland, in den USA, Israel und Argentinien

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Die Vertreter der Nebenklage im Verfahren gegen August König: Arnold Roßberg, Justiziar beim Zentralrat, und Rechtsanwalt Ulrich Roeder

 

Im Folgenden soll ein Überblick über die heute in der Praxis noch relevanten Regelungen zur Entschädigung von Sinti und Roma gegeben werden.

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