Hajo Funke: „Ein rassistischer Reißer“ – Antiziganistische Darstellung von Sinti und Roma in Spiegel-TV Dokumentation

v.l. : Romani Rose, Professor Hajo Funke, Jacques Delfeld © Zentralrat Deutscher Sinti und Roma

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hatte die Produktion von Spiegel-TV schon kurz nach seiner Ausstrahlung bei SAT1 am 07. August 2019 als „rassistische Diffamierung von Sinti und Roma in Europa“ kritisiert.

Diese Einschätzung bestätigt jetzt das Gutachten von Professor Hajo Funke, denn „dieser Film bedient das Arsenal der Vorurteile gegenüber Sinti und Roma, das in Deutschland auch nach jüngsten Untersuchungen außerordentlich verbreitet ist – in einer Zeit vermehrten Hasses, vermehrter Hetze und vermehrter Gewalt. Er widerspricht allen journalistischen Kriterien von Fairneß, Ausgewogenheit und Aufklärung.“ Die Bilder „schüren Angst und potentiell die ohnehin bestehende Gewaltbereitschaft auf der Basis eines entsprechend entfesselten Sozialneids.“

Zu einer angemessenen Thematisierung des strukturellen Antiziganismus in Europa kommt es zu keiner Zeit. Stattdessen ergeht sich der Film in Darstellungen von Kriminalität, vermeintlich fehlender Anpassung und Sozialstaatsmissbrauch und verstärkt so Klischees und Vorurteile gegenüber Sinti und Roma.

Professor Funke bilanzierte, daß die Produktion „gegen eine Kultur der Achtung und Anerkennung von Minderheiten und ihren Schutz gerichtet (ist) und alle Kriterien der Volksverhetzung (erfüllt), und es sollte daher geprüft werden, ob man ein Verbot der Weiterverbreitung erreichen kann.“

„Medien nehmen eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft ein und sie haben eine wichtige Funktion in unserer rechtsstaatlich verfassten Demokratie.“ so Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Umso bestürzender ist ein erkennbarer Trend in den Medien, weitverbreitete Vorurteile in der deutschen Gesellschaft über Sinti und Roma regelmäßig zu bedienen, denn „derartige Beiträge rechtfertigen und bestärken dezidiert rechtsextreme Positionen und tragen damit direkte Verantwortung für die zunehmende Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft.“

Jacques Delfeld, Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Rheinland-Pfalz, wies auf die Beschwerde des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma bei der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz hin, die momentan geprüft wird. „Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte im Film, in dem wiederholt Personen – auch Kinder – ohne ihre Zustimmung gezeigt werden“, sei bestürzend.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland hatte ebenso eine klare Position bezogen: „Es ist bestürzend und völlig inakzeptabel, dass SAT 1 ausgerechnet in einer Zeit, in der Hass und Hetze gegen Minderheiten in bisher unbekanntem Ausmaß geäußert werden, einen solchen undifferenzierten und von Vorurteilen strotzenden Film über Sinti und Roma ausstrahlt. […] Damit befördert SAT 1 in unverantwortlicher Weise Vorurteile und Ablehnung gegenüber Sinti und Roma.“ 

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