Gegen Hass im Internet: Bürgerrechtliche Initiativen seit 2000

Die Dokumentation von Arnold Roßberg beschreibt das Kapitel der Bürgerrechtsarbeit des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma zu der ebenso wichtigen wie schwierigen Thematik „Bedrohungen und Hetze im Internet“. Über mehr als 17 Jahre wehrte sich die Selbstorganisation und Vertretung der deutschen Sinti und Roma gegen die – seit den Anfängen des Internets immer stärker und gefährlicher werdende – Hasspropaganda und Drohungen mit Gewalt durch Neonazis, die sich gezielt – unter Benutzung des alten NS-Jargons – auch gegen Sinti und Roma (ebenso wie gegen die Juden) richteten.

Wegen der weltweiten Dimension des Internets und der daraus resultierenden, fast unüberwindlichen rechtlichen und technischen Probleme gibt es bis heute keine perfekte Lösung, um diese Hass-Seiten endgültig zurückzudrängen.

Beginnend mit der ersten großen internationalen Konferenz unter Beteiligung von Politik, Internetwirtschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Jahrtausendwende in Berlin bis hin zur Schaffung des „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken  (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)“, das im Oktober 2017 in Kraft trat, hat der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma kontinuierlich politische und bürgerrechtliche Initiativen zur Bekämpfung des Hasses im Internet unternommen. Diese Initiativen bestanden aus politischen Fachgesprächen, öffentlichen Veranstaltungen und Presseerklärungen, Eingaben und Statements bei Internationalen Organisationen, Behörden und Justiz, Fachtagungen mit den Internetunternehmen und den Minderheitenorganisationen u.a.m.

Zentralratsvorsitzender Romani Rose forderte schon in seinem Vortrag bei der Internationalen Berliner Internet-Konferenz im Jahr 2000, dass die Urheber der Hetze und Propaganda im Internet auch nicht länger die Möglichkeit haben dürften, ihre Identität zu verschweigen oder darüber zu täuschen. Sie müssten derzeit – wegen des geltenden Prinzips der Anonymität – keine Sanktionen befürchten, anders als bei der bestehenden Impressumspflicht im Pressewesen, sagte Rose im Jahr 2000.

Die Aktualität dieser Forderung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma zeigt die Einschätzung der Medienforscher heute im Jahr 2017: Angesichts der populistischen Propaganda in den sog. „Sozialen Medien“, die bezüglich Fernsehen und Presse von „System- oder Lügenpresse“ spricht, stellen Wissenschaftler heute fest:

„Sie [die Populisten] übersehen dabei, dass die klassischen Medien für jede ihrer Veröffentlichungen – auch für die Beiträge Dritter – presserechtlich verantwortlich zeichnen. Sie selbst dagegen bedienen sich Plattformen, die niemand für die transportierten Inhalte zur Rechenschaft ziehen kann.“ (DARMSTÄDTER ECHO, Artikel vom 2. September 2017)

Es ist zweifellos als Erfolg zu werten, dass bis zum Jahre 2016 nach staatsanwaltlichen Ermittlungen bedeutende Internet-Plattformen der Neonazis wie „Thiazi-Forum“, „free your mind forum productions“ und „altermedia“ geschlossen wurden, und dass das Gewalt-Video zu dem Landser-Song „Zigeunerpack“ über die Google-Suchmaschine nicht mehr erreichbar bzw. abspielbar ist (Dennoch kann der Text des Liedes von diversen Websites immer noch heruntergeladen werden). Plattformen wie „Großdeutsches Vaterland“ existieren heute noch im Internet und neue Foren mit rassistischen Parolen gegen „Zigeuner“ sind auf Facebook und Twitter entstanden.