Gedenkakt anlässlich des Internationalen Roma Gedenktages am 2. August 2017 in Auschwitz-Birkenau

Der Zentralrat und das Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma nehmen mit einer Delegation von 60 Personen an der Gedenkfeier teil
Ehemalige Baracke im Abschnitt B II e der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau © Zentralrat Deutscher Sinti und Roma

Anlässlich des 73. Jahrestages der Mordaktion zur Vernichtung der Sinti und Roma am 2. August 1944 nehmen der Zentralrat und das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma mit einer Delegation von 60 Personen, viele davon Holocaustüberlebende, an dem offiziellen Gedenkakt anlässlich des Internationalen Roma Gedenktages in Auschwitz-Birkenau teil. Die offizielle Gedenkfeier beginnt am Mittwoch, den 2. August 2017 um 11.45 Uhr im Abschnitt B II e der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, dem sogenannten „Zigeunerlager“. Neben Angehörigen der Minderheit der Roma aus mehreren Ländern, Repräsentanten des polnischen Staates, der Kirchen und anderer Institutionen, sind auch die Botschafter verschiedener Länder und weitere diplomatische Vertreter hochrangig vertreten.

Zusammen mit dem Internationalen Roma Jugendnetzwerk TERNYPE organisiert das Dokumentations- und Kulturzentrum zudem auch in diesem Jahr in Krakau unter dem Titel „Dikh he na Bister” („Look and don’t forget“) eine Veranstaltung mit über 250 jungen Sinti und Roma und Nicht- Angehörigen der Minderheit aus ganz Europa, die auch an dem Gedenkakt am 2. August teilnehmen werden.“

Für die Holocaustüberlebenden der Sinti und Roma werden Peter Höllenreiner und Lona Strauß-Dreißig sprechen. Peter Höllenreiner wurde als Vierjähriger mit seiner Familie ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Lona Strauß-Dreißig überlebte den Holocaust als Kind versteckt und in der Illegalität. Zahlreiche ihrer Angehörigen wurden in die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten deportiert und dort ermordet.

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, warnt in seiner Ansprache vor den fatalen Konsequenzen eines strukturellen Antiziganismus, der viele Sinti und Roma ihrer Lebens- und Entwicklungschancen beraubt. Dabei kritisiert er besonders die Stigmatisierung der Minderheit in den Medien durch antiziganistische Zerrbilder und die Zunahme rassistischer Minderheitenkennzeichnungen im Zusammenhang mit der Kriminalitätsberichterstattung.

„Damit wird ein zentraler Grundsatz unserer demokratischen Gesellschafts- und Rechtsordnung mit Füßen getreten: dass nämlich ausschließlich das Individuum für sein Handeln verantwortlich ist. In einer Demokratie darf für die Taten Einzelner nicht die ganze Volksgruppe in Gesamthaftung genommen werden. Wer dies tut – sei es in aller Offenheit oder durch versteckte Hinweise – der betreibt nichts anderes als rassistische Hetze und der ist für die Gewalt gegenüber unserer Minderheit mit verantwortlich. Hier stehen Politik und staatliche Institutionen, allen voran Schulen und andere Bildungsträger, ebenso in der Verantwortung wie die Medien und die Zivilgesellschaft.“

Hintergrund:

Die Nationalsozialisten verschleppten von März 1943 bis Juli 1944 23.000 Roma und Sinti aus elf Ländern Europas nach Auschwitz. Nahezu alle fanden dort den Tod. Am 2. August 1944 wurden die im Lagerabschnitt B II e des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau verbliebenen 2.900 Sinti und Roma ermordet. Ein vorangegangener Versuch, 6.000 Roma und Sinti in die Gaskammern zu bringen, scheiterte am 16. Mai 1944 an dem Widerstand der Häftlinge. In den darauf folgenden Wochen wurden 3.000 der an dem Aufstand beteiligten Häftlinge bei Selektionen von SS-Ärzten als „noch arbeitsfähig“ eingestuft und zur Sklavenarbeit in andere Konzentrationslager im Reichsgebiet verschleppt, nach Buchenwald, Mauthausen, Ravensbrück, Sachsenhausen und Dachau. Zurück in Auschwitz blieben 2.900 Roma und Sinti, überwiegend Kinder, deren Mütter und alte Menschen. Die SS brachte sie in der Nacht vom 2. auf den 3. August in die Gaskammern und verbrannte die Leichen in einer Grube neben dem
Krematorium V.

Die Gedenk- und Bildungsreise wird finanziell durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), die Stiftung Erinnerung, Verantwortung Zukunft (EVZ) und das Auswärtige Amt unterstützt.

Verwandte Themen und Beiträge: