Internationale Gedenkfeier am 2. August 2019 in Auschwitz-Birkenau

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Datum
02.08.2019
11:00 - 13:00 Uhr

Veranstaltungsort
Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
Więźniów Oświęcimia 20
32-603 Oswiecim


Romani Rose und Roman Kwiatkowski sprechen am Denkmal für Sinti und Roma (c) Roberto Paskowski

Der Zentralrat und das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma werden auch in diesem Jahr unter der Leitung von Romani Rose mit einer Delegation von 50 Personen, darunter Holocaustüberlebende und deren Begleitpersonen, an dem Internationalen Sinti und Roma-Gedenktag am 2. August in Auschwitz teilnehmen. Der Gedenktag am 2. August wird vom Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Kooperation mit dem Verband der Roma in Polen und dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau vorbereitet. Neben den Überlebenden nehmen zahlreiche Vorstände der Landes- und Mitgliedsverbände des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma an dem Gedenkakt teil.

Der US-amerikanische Bürgerrechtler und Baptistenpastor Jesse L. Jackson Sr. und der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma Romani Rose werden am 2. August gemeinsam in Auschwitz-Birkenau dazu aufrufen, sich konsequent für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzusetzen und jede Form von Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus weltweit zu verurteilen. Für die Überlebenden des Holocaust sprechen die Auschwitz-Überlebenden Else Baker und Éva Fahidi-Pusztai.

Hintergrund

Die Nationalsozialisten verschleppten von März 1943 bis Juli 1944 23.000 Sinti und Roma aus elf Ländern Europas nach Auschwitz. Nahezu alle fanden dort den Tod. Am 2. August 1944 wurden die im Lagerabschnitt B II e des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau verbliebenen 4.200-4.300 Sinti und Roma auf Befehl des Reichssicherheitshauptamtes ermordet. Ein vorangegangener Versuch, 6.000 Sinti und Roma in die Gaskammern zu bringen, scheiterte am 16. Mai 1944 an dem Widerstand der Häftlinge. In den darauf folgenden Wochen wurden 3.000 der an dem Aufstand beteiligten Häftlinge bei Selektionen von den SS-Ärzten als „noch arbeitsfähig“ eingestuft und zur Sklavenarbeit in andere Konzentrationslager im Reichsgebiet verschleppt, nach Buchenwald, Mauthausen, Ravensbrück, Sachsenhausen und Dachau.

Verleihung des Sonderpreises des Europäischen Bürgerrechtspreises für Sinti und Roma

Am Abend des 1. August 2019 wird in Krakau der Sonderpreis des Europäischen Bürgerrechtspreises für Sinti und Roma an Dr. Piotr M. A. Cywiński, den Direktor des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, verliehen. Er erhält diese Auszeichnung für seinen unermüdlichen Einsatz, in der Erinnerungskultur Europas einen festen Platz für den Holocaust an den Sinti und Roma zu etablieren und die Erinnerung an den Völkermord in der Gedenkstätte von Auschwitz-Birkenau wach zu halten. Der Preis wird übergeben von Dr. h.c. Manfred Lautenschläger, dem Preisstifter und langjährigem Unterstützer des Zentralrats.  

Die Preisverleihung wird im Rahmen des Konzertes der Roma und Sinti Philharmoniker stattfinden. Das Orchester mit ihrem musikalischen Leiter Riccardo M Sahiti hat es sich zur Aufgabe gemacht, das musikalische Erbe der Roma zu bewahren. Dieses weltweit einzigartige Orchester setzt sich aus professionellen Roma- und Sinti-Musikern zusammen, die den Ensembles großer Sinfonieorchester angehören. Im Zentrum der Aufführung steht die Komposition „Requiem für Auschwitz“ des niederländischen Sinto Roger Moreno Rathgeb. Es ist allen Opfern des Vernichtungslagers gewidmet, das symbolhaft für die Völkermordverbrechen der Nationalsozialisten steht. Mit der Musik wird die Erinnerung an die Leiden der Ermordeten wachgehalten. Über das Erinnern hinaus möchte der Komponist, dass sein Werk der Völkerverständigung und dem respektvollen Umgang der Menschen miteinander dient.

Programm Konzert 1 August 2019 (en)

Unter folgendem Link können Sie sich zu den verschiedenen Programmpunkten anmelden:

https://www.surveymonkey.de/r/EuropeanRomaHolocaustMemorialDay2019

 

Kurzbiographien der Redner und Rednerinnen:

Jesse Jackson

Jesse Jackson gehört zu den wichtigsten Führungspersönlichkeiten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Bereits mit Anfang 20 engagierte sich Jackson bei Wahlrechtskampagnen zusammen mit Martin Luther King Jr. in Alabama und verdiente sich den Ruf eines unerbittlichen Kämpfers für die Bürgerrechte. In seiner von ihm gegründeten Bewegung „People United to Save Humanity“ (PUSH) engagiert er sich seit 1971 im Kampf gegen Drogen, soziale und wirtschaftliche Ungleichheit und rassistische Gewalt. Er trat 1984 und 1988 im Vorwahlkampf der Demokraten an. Seine Wahlkämpfe verzeichneten Millionen Neuwähler, beschritten neue Wege in der US-Politik und lösten Proteste für enteignete Bauern in Iowa und vertriebene Fabrikarbeiter im Rust Belt aus. Im Jahr 2000 verlieh ihm Präsident Bill Clinton die „Presidential Medal of Freedom“, die höchste zivile Auszeichnung der USA.

Éva Fahidi-Pusztai

Éva Fahidi wurde mit ihrer Familie nach der Besetzung Ungarns durch die Wehrmacht am 27. Juni 1944 aus Debrecen nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Während die SS ihre Mutter und ihre Schwester in den Gaskammern ermordete, wurde Éva Fahidi Mitte August zusammen mit anderen ungarischen jüdischen Frauen zur Zwangsarbeit in das KZ-Außenlager Münchmühle im hessischen Allendorf verschleppt. Éva Fahidi lebt heute in Budapest. Ihre Erinnerungen an den Holocaust wurden 2004 erstmals veröffentlicht. Ein Jahr später erschien eine erheblich erweiterte Ausgabe auf Ungarisch. Schon bei ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau am 1. Juli 1944 wurde Éva Fahidi mit den menschenunwürdigen Bedingungen konfrontiert unter denen die Sinti und Roma in der Sektion BIIe leben mussten. Ihre Schilderungen sind ein wichtiges Zeugnis über die Ermordung von 4.200-4.300 Sinti und Roma in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944.

Else Baker

Else Baker wurde 1935 geboren und lebte seit ihrem ersten Lebensjahr bei den Pflegeeltern Auguste und Emil Matulat. Da ihre leibliche Mutter von den Nationalsozialisten als „Halbzigeunerin“ eingestuft wurde, sollte Else Baker im März 1943 zusammen mit 328 weiteren Sinti und Roma in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau transportiert werden. Ihrem Adoptivvater gelang es nach hartnäckigen Ämterbesuchen zunächst, sie wieder freizubekommen. Nachdem sie am 18. April 1944 doch nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde traf sie dort ihre vier lieblichen Geschwister. Dank der Fürsorge der KZ-Gefangenen Wanda Fischer überlebte Else dieses Lager. Am 2. August 1944 wurde sie zusammen mit ihrer zweijährigen Schwester Rosemarie in das KZ Ravensbrück deportiert. Ihre anderen Geschwister wurden im KZ Birkenau ermordet und ihre leibliche Mutter in einem Außenlager des KZ Ravensbrück. Else Bakers Adoptivvater bemühte sich durch zahlreiche couragierte Eingaben und Briefe erfolgreich um ihre Freilassung und konnte seine Tochter Ende September 1944 aus dem KZ Ravensbrück abholen. Else Baker immigrierte 1963 nach Großbritannien und war 2005 die erste Sintiza, die anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz von der britischen Königin zu einer Audienz empfangen wurde.

Nadir Dedic

Nadir Dedic wurde 1930 in der Gemeinde Bosanska Gradiska im Norden des heutigen Bosniens und Herzegowinas geboren. Nachdem ihn deutscher Soldaten gefangen hatten, übergab man ihn den faschistischen Ustascha, welche ihn in das Konzentrationslager Jasenovac in Kroatien verschleppten. Von 1942 bis 1945 fanden dort Massenermordungen von Roma statt. Ein Großteil seiner Verwandten, so auch sein Vater Alija und seine Mutter Kada, starben in Konzentrationslagern (namentlich 34 Personen mit dem Namen Dedič). Nach eigenen Angaben waren insgesamt 81 Familienmitglieder davon betroffen. Enver Hatić, ein muslimischer Freund der Familie und Ustascha, befreite ihn aus dem KZ und nahm ihn als eigenes Kind auf. Bei ihm blieb Nadir Dedic und arbeitete als Hirte, bis er sich 1943 den Partisanen anschloss und am Volksbefreiungskrieg beteiligte. In den 1970ern engagierte er sich dafür das Bewusstsein der Öffentlichkeit bezüglich des Holocausts an den Roma in zu vergrößern. Er war aktives Mitglied des Runden Tisches zu Jasenovac im Jahr 1986. Außerdem initiierte er die Errichtung eines Mahnmals in Gedenken an die Opfer des faschistischen Terrors in Žeravica, Bosnien und Herzegowina. Seine Ehefrau Fata Dedic (1926/1930-2018) war ebenfalls im KZ Jasenovac inhaftiert und auch ein Großteil ihrer Familie und Verwandten kam in Konzentrationslagern ums Leben.

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