Liebe Sinti und Roma,
im Namen des Vorstandes des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma bedanken wir uns bei Euch allen für Eure breite Solidarität und Unterstützung wegen der im Internet verbreiteten Unwahrheiten. In den letzten Tagen haben sich sehr viele Menschen unserer Minderheit beim Zentralrat gemeldet. Sie sind empört über die bösartigen Unwahrheiten, die in den letzten Wochen im Internet verbreitet werden und die behaupten, der Zentralrat möchte, dass wir uns nicht mehr als Sinti, sondern als Roma bezeichnen.
Wir haben jahrzehntelang als Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma unter anderem auch gegen die abwertende Fremdbezeichnung „Zigeuner“ gekämpft, unter der uns die Nazis verfolgt und ermordet haben. Der Zentralrat und viele Angehörige unserer Minderheit haben sich seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland dafür eingesetzt, unsere Identität und Würde zurückzugewinnen, welche uns die Nazis und auch die Nachkriegsgesellschaft nehmen wollten. Wir haben dafür gekämpft als gleichberechtigte Bürger in allen Bereichen von Gesellschaft und Politik teilhaben zu können.
Der Zentralrat hat hier eine klare politische Position bestimmt, die vom überwiegenden Teil unserer Menschen mitgetragen wird. Wir alle wissen, wie damals plötzlich die sogenannte Sinti Allianz bei unserem Denkmal den Begriff „Zigeuner“ in die Inschrift des Denkmals aufnehmen lassen wollte. Wir haben das verhindert.
Als Argument für die im Internet verbreiteten Unwahrheiten wird das Interview von Romani Rose im „Kamingespräch“ mit Elmar Theveßen angeführt, welches am 02.06.2013 auf dem Kanal Phoenix ausgestrahlt wurde. Er erklärt darin, warum wir die Fremdbezeichnung „Zigeuner“ ablehnen und dass wir uns schon immer selbst als Sinti bezeichnen. Der Zentralrat hat es durchgesetzt, dass die Bundesregierung und die internationalen Organisationen wie zum Beispiel die OSZE nicht nur von Roma, sondern auch von Sinti sprechen. Auf Grund unserer Geschichte und unseres jahrhundertealten Heimatrechtes hier in Deutschland war es uns deshalb besonders wichtig unsere Organisation sehr selbstbewusst Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zu nennen.
Laut Europarat leben in Europa zwischen 10 und 12 Millionen Angehörige der Minderheit. Der überwiegende Teil lebt in Ost- und Südosteuropa und bezeichnet sich als Roma, die sich dort in den letzten 40 Jahren politisch organisiert haben. So leben in Deutschland schätzungsweise 70.000 deutsche Sinti und Roma. Manche internationale Regierungsorganisationen verwenden deshalb einen allgemeinen Oberbegriff ‚Roma‘.
Mein Vorstand und ich versichern euch hier noch einmal: Wir bezeichnen uns heute als Sinti, morgen als Sinti und in der Zukunft als Sinti. Diesen Anspruch geben wir nicht auf. Wir bestehen auf unser Recht und unsere Souveränität, so bezeichnet zu werden, wie wir selbst bezeichnet werden wollen. Das bringt Romani Rose auch in dem oben genannten Interview zum Ausdruck.
Es ist der Erfolg des Zentralrats, dass der Staat und die Gesellschaft ihre Verantwortung für den jahrhundertealten Rassismus und Antiziganismus zunehmend anerkennen und unsere Selbstbezeichnung als Sinti und Roma in Deutschland respektieren.
Auf Grund unserer gemeinsamen Erfahrung der Geschichte, in der über 500.000 Sinti und Roma in Nazi-Deutschland und im NS-besetzten Europa verfolgt und ermordet wurden, empfinden wir es als beschämend, wenn hetzerische Parolen gegen Roma jetzt in dieser Debatte von Sinti geäußert werden, wie sie bisher nur von Rassisten und Rechtsextremisten verwendet werden. Solche Äußerungen weisen wir entschieden zurück.
Das Ziel unserer Arbeit muss darauf ausgerichtet sein, unseren Kindern ihre Zukunft zu sichern. In ganz Europa marschieren wieder Neo-Nazis auf. Sie betreiben wieder Hetze gegen unsere Minderheit und gegen Juden. Die NPD hat 2013, wie ihr alle wisst, einen hetzerischen Wahlkampf betrieben, der sich gegen unsere Minderheit gerichtet hat. Dem haben wir uns entgegen gestellt.
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma tritt weiterhin für Rechtsstaat und Demokratie ein und wir werden jeder Form von Rassismus in Deutschland und Europa entgegen treten. Die Erinnerung an die Geschichte ist die Verpflichtung, dass die Verbrechen an unseren Menschen nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesrepublik Deutschland die Gräber unserer Überlebenden zur Erinnerung dauerhaft erhält, was durch das hartnäckige Engagement des Zentralrats zwischenzeitlich erreicht wurde.
Diese Kampagne mit Unwahrheiten dient nicht dem Interesse unserer Menschen, sondern sie hat nur das Ziel, die Arbeit zu schwächen und darauf lassen wir uns nicht ein. Deshalb bedanken wir uns bei all denen, die das erkannt und sich hier gemeldet haben. Wir müssen gemeinsam für unsere Rechte und unsere Sicherheit in der Zukunft eintreten. Dafür laden wir Euch alle ein, auch in unser Haus.
Für den Vorstand am 13. April 2017
Romani Rose
Jacques Delfeld
Matthäus Weiß
Oswald Marschall
Erich Schneeberger