Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und Dani Karavan : Schutz des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas hat oberste Priorität

 

„Der Schutz und die Bewahrung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas hat für uns oberste Priorität.  Wir haben hier unsere Verbundenheit aus unserer gemeinsamen Geschichte, unser gemeinsames Schicksal von Juden, Sinti und Roma zusammengebracht, als Künstler der eine, und als Bürgerrechtler und Politiker der andere“, erklärten gemeinsam nach einem ausführlichen Gespräch Dani Karavan und Romani Rose:

Dani Karavan, Romani Rose und Angela Merkel bei der Einweihung des Denkmals 2012

Für Dani Karavan und für den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat das Denkmal höchsten moralischen und politischen Stellenwert. Das Denkmal ist für Sinti und Roma in Deutschland und in Europa ein zentraler Ort des Gedenkens, und er ist gleichzeitig ein Ort der Erinnerung an die Verbrechen des Holocaust, dem über 500.000 Sinti und Roma zum Opfer fielen.

„Deshalb war und ist es für uns unbegreiflich, daß weder der Künstler noch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma frühzeitig über dieses Vorhaben der S21 informiert und unsere Position nachgefragt wurde. Erst im März dieses Jahres haben wir konkret von den Plänen erfahren, obwohl es schon seit mindestens 2017 Gespräche zwischen Bahn und Stiftung Denkmal gab“, so Rose im Gespräch mit Dani Karavan.

Politik und Bahn sind jetzt aufgrund der aktuellen Diskussion gefordert und in der Pflicht, entweder eine neue akzeptable Alternative vorzulegen – oder die Anforderungen an die in den bisherigen Gesprächen von der Bahn vorgelegte Variante 12f eindeutig zu klären. Dani Karavan und Romani Rose erklären gemeinsam : “Der Ort, an dem sich das Denkmal mit dem Schwarzen Wasserbecken im Zentrum befindet, darf nicht in Frage gestellt werden, er muß im Sinne des Gedenkens, der Würde des Ortes und in der historischen Verantwortung geschützt werden.“

Dani Karavan erwartet vom Berliner Senat jetzt eine klare Aussage über den Verlauf der S21-Trasse : „Schutz und Bewahrung des Denkmals steht an erster Stelle, wir müssen genau wissen, was hier geplant wird. Das Denkmal ist nicht allein das Schwarze Becken, es ist der gesamte Ort. Erst wenn wir sehen, was konkret geplant wird, können wir sagen, wie wir mit den Anforderungen umgehen. Jeder Eingriff in das Denkmal muß mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und mit mir als dem verantwortlichen Künstler abgestimmt sein.“

Romani Rose fordert Politik und Bahn ebenso auf : „Es muß jetzt Klarheit geschaffen werden in einer Diskussion, die zunehmend den Nationalisten und den Rechten in die Hände spielt. Es ist unerträglich, wenn dieser symbolische Ort zum Spielball in den Sozialen Medien gemacht wird. “

Der Zentralrat hat mehrfach erklärt, daß er keine Zustimmung zu einer Entscheidung der verantwortlichen Institutionen geben wird, die nicht den Interessen der Minderheit und dem Ort des Gedenkens an die Opfer angemessen Rechnung trägt. Gleichzeitig ist sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma bewußt, daß der Ausbau des Berliner S-Bahn-Netzes von großer Bedeutung für die Stadt ist.

Zum Hintergrund :

Für den Bau der S21 wurden in der Vergangenheit zwei wichtige politische Entscheidungen getroffen – jeweils ohne, daß das Denkmal dabei hinreichend berücksichtigt wurde :

Erstens hat der Berliner Senat den Bau der S21 beschlossen, um über eine Nord-Süd-Verbindung den Hauptbahnhof Berlins vollständig in das S-Bahn-Netz einzubinden. Diese Entscheidung ist für den öffentlichen Nahverkehr Berlins von großer Bedeutung.

Zweitens hat der Deutsche Bundestag entschieden, daß das historische Reichstagsgebäude nicht tangiert werden dürfe; die Arbeit des Parlaments dürfe nicht behindert, die Sicherheit des Gebäudes und des Parlaments nicht gefährdet werden.

Die Deutsche Bahn hatte aufgrund dieser Vorgaben verschiedene Varianten durchgespielt. Die letzte Variante 13 hätte das Denkmal nicht tangiert, wurde aber einhellige vom Ältestenrat des Deutschen Bundestags abgelehnt. Und jetzt sind wir wieder bei der Variante 12. Die sieht vor, dass nah am Schwarzen Becken eine vier Meter hohe Schutzwand errichtet wird, die das Denkmal Richtung Bundestag abgrenzt, weil dahinter die Baustelle beginnt. Ein Gedenken an diesem Ort wäre dann unmöglich. Der Lärm der Lastwagen, der Baustelle, die Bretterwand – das ist für uns keine akzeptable Lösung“, so Rose.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wurde offiziell erst im März 2020 von der geplanten Trassenführung für die S21 informiert.  Zuvor gab es keinerlei Kontakt seitens der Bahn oder des Berliner Senats, weder mit dem Zentralrat noch mit dem für das Gesamtkunstwerk verantwortlichen Künstler Dani Karavan. Erst im Anschluß an ein Gespräch der Stiftung Denkmal mit Vertretern der Bahn am 10. März 2020 hat der Zentralrat konkret von den Plänen für die S21 erfahren.  Es gab aber schon seit 2017/18 Gespräche zwischen Bahn und Stiftung Denkmal.

Seit Juni 2020 gibt es auf Einladung von Senatorin Günther und der Bahn Gespräche, an denen der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und alle beteiligten Institutionen teilnehmen. Der Zentralrat erwartet, daß diese Gespräche fortgesetzt werden, um zu einer angemessenen Lösung zu gelangen.

Berlin 1992 : Kundgebung für das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas

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