Die im März 2019 von der Bundesregierung eingesetzte Unabhängige Kommission Antiziganismus hat der Bundesregierung Ende März 2021 einen mehr als 800-Seiten umfassenden Bericht mit über 60 Empfehlungen und sechs zentralen Forderungen vorgelegt. Dieser Bericht liegt nun als Bundestagsdrucksache vor (Drucksache 19/30310) und kann unter folgendem Link abgerufen werden:
https://dserver.bundestag.de/btd/19/303/1930310.pdf
Der Zentralrat begrüßt, dass der Bundestag eine Aussprache zu diesem Bericht noch in dieser Legislaturperiode auf die Agenda gesetzt hat und den Bericht und die zentralen Forderungen voraussichtlich am 24. Juni 2021 im parlametarischen Raum behandeln wird.
Der Zentralrat begrüßt ausdrücklich die in dem nun vorliegenden Abschlussbericht formulierten Forderungen, die den Forderungen des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma in wesentlichen Punkten folgen. Die Ergebnisse des Berichts der Unabhängigen Expertenkommission Antiziganismus bestätigen weitestgehend die Ergebnisse, die der Zentralrat in seinen Monitoringberichten zur Umsetzung des „EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma“ in Deutschland bereits vorgelegt hat.
Die Forderung der Kommission nach Berufung eines Beauftragten gegen Antiziganismus, der als Teil der Exekutive Maßnahmen zur Überwindung des Antiziganismus und Prävention ressortübergreifend koordinieren soll, ist aus Sicht des Zentralrats existentiell. Diesem muss ein Arbeitsstab zur Seite gestellt werden, dessen Mitglieder ebenfalls eine große Expertise in den Bereichen der Antiziganismusprävention mitbringen.
Auch die Forderungen nach einer Anerkennung des Grundsatzes der kollektiven Verfolgung aus rassischen Gründen von 1933-1945, der Einrichtung eines Sonderfonds für niederschwellige, einmalige Anerkennungsleistungen für NS-Verfolgte Sinti und Roma und der Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung des Unrechts nach 1945 werden vom Zentralrat ausdrücklich unterstützt. Ebenso die Anerkennung geflüchteter Roma als besonders schutzwürdige Gruppe sowie die Forderung nach verbesserten Partizipationsstrukturen für Sinti und Roma, insbesondere durch die Entsendung von Minderheitenangehörigen in alle staatlichen Gremien, wie die Rundfunkräte und Landesmedienanstalten.
Die nächste Unabhängige Expertenkommission Antiziganismus, die der kommenden Bundesregierung berichten wird, sollte die Bereiche Entschädigung und Polizei stärker in den Blick nehmen. Hier besteht aus Sicht des Zentralrats weiterer Forschungsbedarf. So muss untersucht werden, inwieweit der polizeiliche Begriff „Clankriminalität“ als ein Schlupfloch für eine verfassungswidrige Minderheitenkennzeichnung genutzt wird. Auch die Staaten des Westbalkans und ihre europäische Dimension müssen genauer untersucht werden, da auch der dort existierende Antiziganismus direkt die Verhältnisse in den Staaten der Europäischen Union und somit auch in Deutschland beeinflussen.
Der Zentralrat wird anlässlich der Bundestagsdebatte am 25. Juni 2021 ein ausführliches Statement zum Bericht der Expertenkommission Antiziganismus vorlegen.