„Unsere Tage, die der Überlebenden, sind gezählt: Aber wir werden nicht verstummen, wenn Sie, Sie alle nicht schweigen.“ Diese Worte gab uns Marian Turski vor wenigen Wochen als Vermächtnis mit auf den Weg. Seine Ansprache zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz konnte er aus gesundheitlichen Gründen bereits nicht mehr persönlich in Berlin vortragen. Am 18. Februar ist er, der Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Auschwitz-Überlebender, treuer Freund, Wegbegleiter und Unterstützer unserer Arbeit, im Alter von 98 Jahren in Warschau verstorben.
Sein politisches und gesellschaftliches Engagement galt den polnisch-jüdischen Beziehungen und der deutsch-polnischen Aussöhnung. Als Zeitzeuge und Referent war Marian Turski mehrfach Gast im Heidelberger Dokumentations- und Kulturzentrum. Aufmerksam und kritische verfolgte er den politischen und gesellschaftlichen Prozess um die Errichtung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas. Für seine herausragenden Verdienste wurde er u.a. mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
„Marian Turski sah nie das Trennende zwischen den Menschen, sondern stets das, was uns verbindet. Über viele Jahrzehnte hinweg war er ein leidenschaftlicher Streiter – nicht nur gegen Antisemitismus, den er als Wurzel des Holocaust betrachtete, sondern gleichermaßen gegen alle Formen des Rassismus. Mit Marian Turski verlieren wir einen bedeutenden Zeitzeugen und einen bis ins hohe Lebensalter gegen Antiziganismus engagierten Freund“, so Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.
Marian Turski wurde 1926 in Druskieniki (heute Druskininkai, Litauen) als Mosze Turbowicz geboren. Im Alter von 14 Jahren mit seiner Familie in das Ghetto von Lodz verschleppt, wurde er 1944 nach Auschwitz deportiert. Dort ermordeten die Nationalsozialisten seinen Vater und seinen Bruder. Im Jahr 1945 überlebte er die Todesmärsche von Auschwitz nach Buchenwald und Theresienstadt. Dort wurde er am 9. Mai befreit. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ er sich in Warschau nieder, absolvierte ein Geschichtsstudium und arbeitete ab 1958 als Journalist. Marian Turski wurde zu einer bekannten Persönlichkeit des polnischen Journalismus und arbeitete fast 70 Jahre lang als Geschichtsredakteur der Zeitschrift „Polityka“.