Holocaust-Überlebender Ivan Bilashchenko verstorben

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma trauert gemeinsam mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum um den Holocaust-Überlebenden Ivan Bilashchenko, der kurz vor seinem 97. Geburtstag in seiner ukrainischen Heimat verstorben ist.

„Ich musste drei Leben leben: den Holodomor, den Völkermord und die Kriegsfront“, fasste Ivan Bilashchenko vor einigen Jahren sein Schicksal zusammen. Und der ukrainische Rom, Oberst und Veteran des Zweiten Weltkrieges fügte hinzu: „Wenn Sie mich fragen, was am schlimmsten war, würde ich ohne zu zögern antworten, der Völkermord. Denn wir lebten immer in der Erwartung, dass wir, wenn nicht heute, so doch morgen erschossen werden.“ Ivan Bilashchenko hat das grausame Treiben überlebt und in zahlreichen Gesprächen – vor allem mit jungen Menschen – von seinen dramatischen Erfahrungen gesprochen.

1926 wurde der Angehörige der Roma in einem Dorf in der Region Tscherkassy geboren. Mit 16 Jahren sollte er in ein deutsches Zwangsarbeiterlager verschleppt werden. Es gelang ihm aber, durch einen Sprung aus dem Zug zu flüchten und nach Hause zurückzukehren.

Dort konnte er wenig später mit der Unterstützung des Dorfvorstehers und anderer Mitstreiter die Deportation von 40 jungen Menschen verhindern – unter ihnen eine seiner Cousinen.

Nach dem Einmarsch der Roten Armee wurde er mit 17 Jahren für den Kriegsdienst eingezogen. Nachdem er mit anderen Roma eine beschleunigte Ausbildung auf einer Militärschule absolviert hatte, wurde er mit der Überwachung der militärischen Kommunikation beauftragt. Dies führte ihn von der Ukraine nach Weißrussland und Polen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges absolvierte Ivan Bilashchenko ein Studium an der Technischen Hochschule für Bauwesen und gründete eine Familie, wurde Vater einer Tochter und eines Sohnes. Bis zuletzt hat er aktiv am öffentlichen Leben teilgenommen, er wirkte an mehreren historischen Ausstellungen mit und ermutigte junge Menschen immer wieder, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und an die erlebten Schrecken sowie das erlittene Unrecht zu erinnern Das tat er auch im August 2019 bei der internationalen Erinnerungsveranstaltung „Dikh he na bister“ (Romanes für „Schau hin und vergiss nicht“) aus Anlass des Europäischen Holocaustgedenktages für Sinti und Roma in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Dieses jährliche Treffen wird vom Heidelberger Dokumentations- und Kulturzentrum mitorganisiert.

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