Anlässlich des Urteils im Fackelwurf-Prozess in Ulm gab Romani Rose der Schwäbischen Zeitung ein Interview zum Prozess und Antiziganismus in den Strafverfolgungsbehörden.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, erklärt zum Urteil des Landgerichts Ulm im Verfahren wegen versuchten Mordes gegen fünf junge Männer, die im Mai 2019 in Dellmensingen (Alb-Donau-Kreis) einen Brandanschlag auf eine Roma-Familie verübt haben:
Das Gericht benennt in der Urteilsverkündung Rassismus und Antiziganismus als Tatmotiv. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Prozess ein deutliches Signal, dass der Rechtsstaat die Bedrohung des gewaltbereiten Antiziganismus ernst nimmt und jede Form von Hasskriminalität konsequent verfolgt. Die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats wird in diesem Gerichtsprozess deutlich.
Der Zentralrat begrüßte, dass das Gericht darüber hinaus die Tat der vollendeten Nötigung in 45 Fällen festgestellt hat. Denn alle Menschen auf dem Campingplatz sind Opfer des Anschlags geworden.
In der nachfolgenden Berichterstattung wurden Passagen des Interviews u.a. durch die dpa inhaltlich falsch wiedergegeben. Daher im Folgenden Auszüge aus dem Interview mit der Schwäbischen Zeitung:
Aus dem Interview
Haben Sie das Gefühl, dass die Sinti und Roma in den Diskussionen über Rassismus hinten runterfallen?
Da der Völkermord an den Sinti und Roma in Deutschland erst 1982 anerkannt wurde, lebten die Kriminalisierung der Sinti und Roma und die Ideologie der Nationalsozialisten auch in manchen Behörden weiter. Die Beamten hatten aus ihrer Sicht ja nichts Unrechtes getan. Erst mit der Bürgerrechtsarbeit gab es in diesen Behörden ein Umdenken. Heute hat unsere Minderheit ein gutes Verhältnis auch zu den Polizeibehörden. Es hat sich in unserem Land viel geändert.
Also ist jetzt alles in bester Ordnung?
Nein, ist es nicht. Ich halte den Rechtsextremismus in Polizei, in Spezialeinheiten oder dem Verfassungsschutz für sehr bedenklich. Es scheint auch in diesen Behörden Menschen mit einer Gesinnung zu geben, die sich eher an der SS orientieren, als am Rechtssaat. Wir dürfen nicht wie so oft in der Vergangenheit einfach wegschauen, nur damit Deutschland im Ausland keine negative Aufmerksamkeit bekommt. Wir müssen verteidigen, was unserem Land bisher 75 Jahre lang gutgetan hat.
Bundesinnenminister Horst Seehofer lehnt bislang eine Studie zu Rassismus in der Polizei ab. Wie sehen Sie das?
Ich würde sehr befürworten, wenn die rechtsextremistischen Tendenzen in einigen Bereichen genau untersucht würden. Diese Erscheinungen darf man nicht verharmlosen, man muss sich damit auseinandersetzen. Aber auch das ist klar: Der überwiegende Teil der Polizei steht jeden Tag für die Verteidigung unseres Rechtsstaats auf den Straßen. Sie verdienen unsere Anerkennung und unseren Respekt.