Massive Verbreitung von Antiziganismus im Internet: Hass gegen Sinti und Roma im Netz besser erkennen, systematisch erfassen und effektiv bekämpfen

Antiziganistischer Hass gehört in fast allen Online-Formaten und auf vielen Webseiten zum Alltag. Gegenrede hingegen findet nur selten statt. Insbesondere rechtsextreme Gruppen und Akteure sind erfolgreich darin, Antiziganismus im Netz zu propagieren, Hass zu schüren und Angehörige der Sinti und Roma Minderheit zu diffamieren. Dies zeigt ein aktueller Recherchebericht von jugendschutz.net, dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti.

Im Rahmen eines Pilotprojektes waren dabei tausende antiziganistische Hassinhalte im Internet untersucht sowie eine Vielzahl an diskriminierenden Stereotypen identifiziert worden. Mehr als 400 jugendschutzrechtliche und oft auch strafrechtlich relevante Verstöße wurden hierbei dokumentiert. Auffällig war zudem eine Steigerungsdynamik in Kommentarbereichen: Antiziganistische Aussagen verstärken sich dabei wechselseitig bis hin zu menschenverachtenden Darstellungen und konkreten Gewaltaufrufen.

Das Bundesfamilienministerium fördert Projekte, die Bildungs- und Beratungsarbeit leisten,  die für Mechanismen der Ausgrenzung sensibilisieren und von Antiziganismus betroffene Menschen schützen. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betont: „Vorurteile gegen Sinti und Roma, die über die Sozialen Medien im Netz verbreitet werden, dürfen nicht einfach so stehen gelassen werden. Das schürt Hass und führt zu Diskriminierung und Ausgrenzung. Die Ergebnisse des Pilotprojekts von jugendschutz.net und dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zeigen, wie alte Stereotype von Rechtsextremen verstärkt werden und in neuen Medien eine neue Dynamik bekommen. Dagegen wollen wir mit konkreten Maßnahmen, die wir fördern, vorgehen.“ Ministerin Giffey dankt allen, die sich gegen Hass, für die Demokratie und für ein vorurteilsfreies Zusammenleben einsetzen.

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, zeigt sich tief besorgt über das Ausmaß der Hetze im Internet: „ Es ist nicht hinnehmbar, dass Hetze gegen Sinti und Roma im Netz zur Norm wird und unbeantwortet bleibt. Das ist nicht nur eine große Gefahr für Kinder und Jugendliche, die sich im Netz bewegen, sondern beschädigt auch den gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt. Medienanbieter und die Betreiber von Internetplattformen stehen in der Pflicht, antiziganistische Hetze und Gewaltaufrufe insbesondere in Kommentarspalten zu überprüfen und zu entfernen. Auch Relativierungen und Leugnung des Holocausts finden sich im Kontext antiziganistischer Hetze und müssen konsequent strafrechtlich geahndet werden.“

Der Zentralrat sieht es als eine Aufgabe der Unabhängigen Expertenkommission Antiziganismus, die Anfang 2019 im Auftrag der Bundesregierung ihre Arbeit aufnehmen soll, sich auch mit dem Antiziganismus im Netz tiefergehend zu befassen und Handlungsempfehlungen an Politik und Gesellschaft zu erarbeiten. 

Der Leiter des Bereichs politischer Extremismus bei jugendschutz.net, Patrick Frankenberger, betont: „Neben der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, Antiziganismus zu bekämpfen, müssen insbesondere Kinder und Jugendliche dazu befähigt werden, rechtsextremen Falschmeldungen und diskriminierenden Hassinhalte auch online kritisch und selbstbestimmt begegnen zu können. Die Nutzung von Social-Media-Angeboten gehört für diese Altersgruppe zum Alltag – ein Großteil ist darüber bereits mit Hass im Netz in Berührung gekommen. Umso wichtiger ist es, auf der Grundlage fundierter Analysen extremistischer Onlinepropaganda nachhaltige pädagogische Konzepte zu entwickeln.“

jugendschutz.net
jugendschutz.net ist das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet. Die Stelle recherchiert Gefahren und Risiken in jugendaffinen Diensten und drängt Anbieter und Betreiber, ihre Angebote so zu gestalten, dass Kinder und Jugendliche sie unbeschwert nutzen können. Sie nimmt über ihre Hotline Hinweise auf Verstöße gegen den Jugendmedienschutz entgegen und sorgt dafür, dass diese schnell beseitigt werden. Im Fokus der Arbeit stehen riskante Kontakte, Selbstgefährdungen, politischer Extremismus und sexuelle Ausbeutung von Kindern.

Die Arbeit im Bereich politischer Extremismus wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.

Problematische Inhalte im Netz können gemeldet werden unter https://www.hass-im-netz.info/hass-im-netz-melden.

Kontakt: jugendschutz.net, Wallstraße 11, 55122 Mainz, Tel. 06131 / 328520, E-Mail: presse@jugendschutz.net, Web: www.jugendschutz.net

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist die politische Interessenvertretung der deutschen Sinti und Roma mit Sitz in Heidelberg. Als Dachverband setzt sich der Zentralrat auf nationaler und internationaler Ebene für eine gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma in Politik und Gesellschaft sowie für die Auseinandersetzung mit und Bekämpfung von Antiziganismus ein.

Kontakt: Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2, 69117 Heidelberg, Tel.: 06221 981101, Email: zentralrat@sintiundroma.de , Web: https://zentralrat.sintiundroma.de/

Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
Das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma ist eine von der Minderheit getragene Facheinrichtung, die sich seit über 30 Jahren gegen Antiziganismus einsetzt. Durch die kontinuierliche Arbeit und die inhaltliche Kompetenz erlangte das Zentrum als Facheinrichtung im In- und Ausland große Anerkennung. Neben der kulturpolitischen Arbeit stehen Menschenrechtsbildung, Antirassismusarbeit sowie historische Aufklärung über die Geschichte der Minderheit im Fokus.

Mit dem Berliner Projektbüro zeigt das Heidelberger Dokumentations- und Kulturzentrum seit 2015 verstärkt in der Hauptstadt Gesicht.

Die Arbeit des Berliner Projektbüros wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

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