Angebot umfasst muttersprachliche Beratung und Unterstützung – Kontaktstelle für Diskriminierungserfahrung
Vor den russischen Bomben und Panzern sind bereits hunderttausende Menschen aus der Ukraine geflohen – unter ihnen auch zahlreiche ukrainische Roma. Da Männern im Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise nicht mehr erlaubt ist, handelt es sich dabei vor allem um Frauen, Kinder und ältere Personen. Gerade für sie sind in dieser Ausnahmesituation besondere Schutzanforderungen zu erfüllen. Das gilt angesichts des in den europäischen Gesellschaften tief verwurzelten Antiziganismus in zusätzlichem Maße für die Angehörigen der Minderheit. Eine Notfall-Hotline soll daher vor allem Roma aus der Ukraine als erste muttersprachliche Kontakt- und Beratungsstelle in Deutschland zur Seite stehen. Das Angebot startet Anfang Juli und wird vom Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg in Zusammenarbeit mit der in Frankfurt ansässigen Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. (ZWST) getragen sowie von der „Aktion Deutschland Hilft“ finanziert.
Unter den Telefonnummern +49 176 88215091 und 06221/9811-53 sind Mitarbeiterinnen in den Sprachen Romanes, Ukrainisch und Russisch täglich von 9 bis 17 Uhr erreichbar. „Zahlreiche Berichte belegen, dass ukrainische Roma mitunter von Unterstützungsstrukturen nicht als gleichwertige, vom Krieg betroffene Ukrainer betrachtet werden. Ihre Hilfsberechtigung und Bedürftigkeit werden ihnen abgesprochen und sie werden als Nutznießer der aktuellen Situation stigmatisiert“, fasst Romani Rose, Vorsitzender des Dokumentationszentrums, zusammen. Und fügt hinzu: „Wir möchten Angehörigen der Minderheit deshalb eine vertrauenswürdige Anlaufstelle bieten. Dort können sie auch in einem geschützten Rahmen über mögliche Diskriminierungserfahrungen sprechen.“
Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland wiederum sieht ihr Hauptanliegen in der Pflicht zur Hilfe im Sinne ausgleichender sozialer Gerechtigkeit. „Aus unserer langjährigen Arbeit wissen wir, dass vulnerable Gruppen auf besondere Weise von Krisen betroffen sind. Knapp die Hälfte der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland hat eine biografische Verbindung zur Ukraine, auch deshalb geht der Krieg ihr so nah. Wir möchten daher nun auch Partnerorganisationen unterstützen, deren Zielgruppen in den Folgen dieses Krieges nicht gesehen werden“, betont Aron Schuster, Direktor der ZWST. Ihre Hauptaufgabe sieht die Notfall-Hotline darin, sowohl Roma, die bereits in Deutschland sind, als auch Angehörigen der Minderheit, die nach Deutschland flüchten wollen, beizustehen. Sie sollen in rechtlichen sowie gesundheitlichen und sozialen Fragen beraten werden. Zudem möchten die Mitarbeiterinnen alle Hilfesuchenden in die lokalen ehrenamtlichen und professionellen Unterstützungsstrukturen vermitteln.