Am 16. Dezember jährt sich der „Auschwitz-Erlass“ des „Reichsführers SS und Chef der deutschen Polizei“, Heinrich Himmler, aus dem Jahr 1942. Mit diesem Befehl wurde die Deportation der letzten im „Deutschen Reich“ noch verbliebenen Sinti und Roma in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau angeordnet. Insgesamt wurden 23.000 Angehörige der Minderheit nach Auschwitz deportiert. Mehr als 90 Prozent der Verschleppten wurden dort von der SS ermordet oder kamen durch die unmenschlichen Bedingungen ums Leben.
Romani Rose, wies darauf hin, dass Himmler bereits 1938 ‚die endgültige Lösung der Zigeunerfrage […] aus dem Wesen dieser Rasse heraus.‘ forderte. Rose weiter: „Mit dem Auschwitz-Erlass wurde schließlich die systematische, bürokratische, industrielle Vernichtung der deutschen Sinti und Roma im Holocaust vorangetrieben. Insgesamt wurden 500.000 Angehörige der Minderheit im NS-besetzten Europa ermordet.“
Besorgt zeigt sich der Zentralrat über den anwachsenden Nationalismus und Rechtsextremismus, aber auch den wieder gewaltbereiten Antiziganismus, der im Jahresbericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) dokumentiert wird, der im Juni 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Die Einrichtung der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus war eine jahrelange Forderung des Zentralrats, die auch als Handlungsempfehlung im Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus (UKA) aufgenommen wurde. Der ebenfalls von der Kommission empfohlene Abschluss eines Staatsvertrags würde auch die Gleichstellung der deutschen Sinti und Roma in der Gesellschaft stärken und wäre ein Zeichen der Verantwortung gegenüber der Minderheit.
„Ein Staatsvertrag 80 Jahre nach dem Holocaust wäre auch eine Würdigung der jahrzehntelangen Arbeit des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, die nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, große Anerkennung erhält. Diese Verweigerung des Staatsvertrags durch das Bundesinnenministerium ist skandalös und eine Geringschätzung unserer anerkannten nationalen Minderheit. Sie schwächt die wichtige Auseinandersetzung des Zentralrats mit dem weiter tradierten Antiziganismus und ist so ein verheerendes Signal gegenüber der Minderheit“, so Rose.
Auch der damalige Innenminister Horst Seehofer unterstützte bei der Vorstellung des UKA-Berichts am 13. Juli 2021 bei einer Bundespressekonferenz die Forderung, einen Staatsvertrag mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma nach der Bundestagswahl 2021 schnellstmöglich abzuschließen.
Der Zentralrat zeigt sich über die Geschichtsvergessenheit des Innenministeriums mit Blick auf die gesellschaftliche Benachteiligung der Minderheit und den Antiziganismus besorgt.
Rose abschließend: „Sinti und Roma werden bis heute auch von manchen Behörden trotz ihrer sechshundertjährigen Geschichte nicht als deutsche Staatsbürger anerkannt und ihre kulturelle Identität wird von diesen diffamiert. Viele verleugnen deswegen ihre Zugehörigkeit zur Minderheit. Ich erwarte, dass die Politik hier entschlossene Maßnahmen ergreift, denn der Schutz nationaler Minderheiten ist eine Verpflichtung Deutschlands aus dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats, das 1997 von der Bundesrepublik ratifiziert wurde.“