Siebzigster Jahrestag der Auflösung des sogenannten „Zigeunerlagers“ in Auschwitz-Birkenau am 2. August 2014

Mit einer Delegation von über sechzig Personen – unter ihnen viele Holocaust-Überlebende – nimmt das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma unter Leitung von Romani Rose an der Gedenkveranstaltung in Auschwitz/Oswiecim (Polen) zum 70. Jahrestag der Vernichtungsaktion durch die SS teil.

Aufgrund von Himmlers „Auschwitz-Erlaß“ vom 16. Dezember 1942 deportierte die SS 23000 Sinti und Roma familienweise aus elf Ländern Europas in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Am 2. August 1944 ermordete die SS in den Gaskammern von Auschwitz die letzten 2900 Sinti und Roma – Kinder, ihre Mütter und Alte. Unmittelbar zuvor selektierten die SS-Ärzte noch 3000 Sinti und Roma als „arbeitsfähig“ und man verschleppte sie als Sklavenarbeiter in andere Konzentrationslager. Im besetzten Europa wurden 500.000 Roma und Sinti Opfer des Holocaust.

Erwartet werden neben Delegationen von Roma-Organisationen aus vielen Staaten Europas Vertreter der polnischen Regierung und der Botschaften europäischer Staaten, der U.S.A. und Israels. Insbesondere nimmt eine große Zahl junger Roma aus zwölf Ländern Europas an der offiziellen Gedenkkundgebung teil.

Für die Überlebenden des Völkermordes spricht Heinz Bamberger als Vertreter der deutschen Sinti und Roma. Heinz Bamberger wurde 1935 in Mainz geboren. 24 Personen aus seiner Familie wurden in Auschwitz und anderen Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermordet. Heinz Bamberger appellierte an die jungen Menschen: „Seht es als Eure vornehmste Pflicht und Aufgabe an, Eure toten Vorfahren im Gebet und Gedenken zu ehren. Sie haben unsägliches Leid und Verfolgung erfahren und mussten damit leben und sterben. Um ihrer zu gedenken, sind wir heute hier.“

Romani Rose begrüßte in seiner Gedenkrede ausdrücklich die Teilnahme von über 600 jungen Roma und Nicht-Roma aus ganz Europa. Es sei wichtig, die jungen Menschen für unsere demokratischen Werte und für die Menschenrechte zu gewinnen. Hier sei die Gedenkstätte Auschwitz von größter Bedeutung, so Rose.

Rose kritisierte in seiner Rede, dass der gewaltbereite Rassismus gegenüber Roma in Europa nicht auf den entschiedenen Widerstand der demokratischen Parteien treffe, sondern vielmehr bis in die Mitte der Gesellschaft Widerhall finde. „Diese Parteien betreiben damit die Strategie der Rechtsextremisten, dass nämlich mit diesen populistischen Parolen, die sich oft gegen Sinti und Roma richten, genau der Boden für die rechtsextremen Parteien und für die extremistischen Gewalttaten bereitet wird“, so Rose.

Als neuen und gefährlichen Antisemitismus bezeichnete Rose die Hetzparolen gegen Juden, die bei Demonstrationen gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen skandiert wurden. „Legitime Kritik an der Politik Israels hat nichts mit antisemitischen Hasstiraden und Aufrufen zur Gewalt gegen Juden zu tun“, sagte Rose. Das gewalttägige Potential dieser Hetze sei jüngst durch den Angriff auf eine Wuppertaler Synagoge deutlich geworden, so der Zentralratsvorsitzende.

Die Reise der deutschen Delegation wird durch die Staatsministerin für Kultur und Medien und die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ gefördert.

Die Reden von Heinz Eduard Bamberger und Romani Rose sind im Wortlaut unter folgendem Link zu finden:

https://zentralrat.sintiundroma.de/content/downloads/presseschau/326.pdf

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