Ein ambitioniertes Programm erwartete die Vertreter der vier nationalen autochthonen Minderheiten und Volksgruppen Deutschlands letzte Woche in Berlin. In der Sitzungswoche des Bundestages vor Pfingsten standen für die Lausitzer Sorben, die Dänen aus Südschleswig, die deutschen Sinti und Roma sowie die Friesen über zehn Veranstaltungen auf der Tagesordnung. Zum ersten Mal waren auch Jugendvertreter der nationalen Minderheiten in Deutschland in Berlin mit dabei, um die Minderheitenpolitik in der Hauptstadt vor Ort mitzuerleben.
Eine Auswahl der Veranstaltungen:
Gesprächskreistreffen der nationalen Minderheiten mit dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages
Unter der Leitung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Ansgar Heveling, fand am 31. Mai das vierte und letzte Gesprächskreistreffen von Bundestagsabgeordneten mit Vertretern der autochthonen nationalen Minderheiten in Deutschland in dieser Legislaturperiode statt. Aus diesem Anlass wurden die Erfolge sowie Herausforderungen für die Zukunft thematisiert. Bundesbeauftragter Koschyk brachte sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass es bislang noch nicht gelungen ist, ein Experten-Gremium für Antiziganismus einzurichten, und Deutschland hier in Europa eine Vorbildfunktion zukäme. Er habe sich deshalb gemeinsam mit Staatsminister Michael Roth vom Auswärtigen Amt an die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen gewandt, damit es noch in der laufenden Wahlperiode ein klares politisches Bekenntnis zur Einrichtung eines Experten-Gremiums in der nächsten Legislaturperiode erfolgt.
Auf Einladung des Minderheitensekretariats nahmen ebenfalls der Präsident der Minderheiten-Dachorganisationen der FUEN, Loránt Vincze, sowie der Repräsentant des Europäischen Bürgerausschusses Minority SafePack Hans Heinrich Hansen teil, um die europäische Initiative der Minderheiten Minority SafePack “Du bist nicht allein. Eine Million Unterschriften für die Vielfalt Europas” (www.minority-safepack.eu) vorzustellen und um Unterstützung seitens des Bundestages zu bitten.
Zur vollständigen Pressemitteilung des Gesprächskreistreffens
Minderheitenratssitzung – Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl verabschiedet
In seiner dritten Sitzung in diesem Jahr verabschiedete der Minderheitenrat die Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl, welche an alle demokratischen Fraktionen versandt werden sollen. Diese beziehen sich u.a. auf die Forderung von Minderheitenbeauftragten in jeder Bundestagsfraktion, auf die Unterstützung der Europäischen Bürgerinitiative „Minority SafePack“, auf die Forderung eines Maßnahmenplans zum Schutz und zur Förderung der nationalen Minderheiten in Deutschland, auf Einrichtung des Expertenausschusses gegen Antiziganismus beim Bundestag, auf die Novellierung des Minderheitennamensänderungsgesetzes sowie die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes § 184 GVG. Somit werden die Forderungen des Bundestages an die Bundesregierung im verabschiedeten Antrag (Drucksache 18/12542), der in der Bundestagsdebatte am 2. Juni 2017 (s.u.) einstimmig verabschiedet wurde, aufgegriffen und konkretisiert.
Debatte zur Charta der Regional- oder Minderheitensprachen im Plenum des Deutschen Bundestages: einstimmiger Beschluss zur Stärkung der Regional- und Minderheitensprachen
Der Höhepunkt der letzten Woche war die Bundestagsdebatte zur Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, in der der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen “25 Jahre Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen – Gemeinsamer Auftrag” (Drucksache 18/12542) einstimmig verabschiedet wurde. Im Antrag wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die politische Partizipation der anerkannten Minderheiten weiter zu stärken. Auch soll in der Europäischen Union darauf hingewirkt werden, dass die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Europäischen Union durch geeignete Maßnahmen für die Charta-Sprachen gestärkt wird.
Pressemitteilung des Bundestages: Bundestag beschließt Stärkung der Minderheitensprachen
Jugendaustausch zwischen den nationalen Minderheiten – Wunsch nach einem Jugendminderheitenrat
Zum ersten Mal traf sich der Minderheitenrat in Berlin mit jungen Vertretern der Sorben und deutschen Sinti und Roma. Denn parallel fand vom 1.-3. Juni 2017 ein Jugendaustausch zwischen diesen beiden Minderheiten zum Thema “Minderheitenpolitik in Deutschland” in Berlin statt. Auf der Agenda standen u.a. der Besuch des Deutschen Bundestages, ein Treffen mit Maria Michalk, MdB als einzige Minderheitenvertreterin im Deutschen Bundestag, ein Gespräch mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, die Teilnahme an der Bundestagsdebatte sowie das Kennenlernen und der Austausch untereinander.
Zum Abschluss des Austausches sprachen sich die Jugendlichen dafür aus, einen regelmäßigen, jährlichen Austausch zwischen der Jugend der vier nationalen Minderheiten durchzuführen. Ein „Jugendminderheitenrat“ wurde dabei thematisiert, der die Jugendlichen an die Minderheitenpolitik auf Bundesebene heranführen soll.