In Berlin-Mitte sind Roma oder dafür gehaltene Menschen offenbar durch rechtsextreme Aktivisten vertrieben worden. Die NPD teilte dies auf Facebook und auf ihrer Homepage mit. Einige der Betroffenen waren offenbar minderjährig; sie wurden fotografiert und die Fotos wurden ohne ihr Einverständnis im Internet veröffentlicht. Auf ihrer Homepage behauptet die NPD, „Betrüger und Zigeuner“ seien „des Platzes verbannt“ worden. Im entsprechenden Facebook-Post heißt es: „Die meist minderjährigen Jungs und Mädchen aus vornehmlich Osteuropa sind täglich in Touristen-Zentren unterwegs, um gutgläubige Deutsche und andere Gäste um ihr Bargeld zu erleichtern.“ Dabei ist auf dem Foto lediglich ein Teil des Gesichts der Betroffenen durch einen schwarzen Balken verborgen.
Dieses Vorgehen ist eine Amtsanmaßung durch Rechtsextreme, die in einer massiven Diskriminierung und Gefährdung ganzer Personengruppen resultiert: Wer befürchten muss, für nicht deutsch gehalten zu werden, kann sich in Berlin-Mitte nicht mehr sicher fühlen, nicht mehr gefahrlos bewegen. Laut Medienberichten beobachtet der Staatsschutz den Fall. Amaro Foro und ReachOut fordern ein entschiedeneres Vorgehen: Anhand der Veröffentlichung auf Homepage und Facebook dürfte es nicht schwierig sein, hier Verantwortliche zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen.
Roma und dafür gehaltene Menschen sind in Deutschland ohnehin einer erhöhten Gefährdung durch rassistische Angriffe ausgesetzt. Gerade hat die Leipziger Autoritarismus-Studie erneut hohe Zustimmungswerte für antiziganistische Aussagen belegt: Fast jeder Zweite (49,2 %) stimmt der Aussage zu, Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden. 60,4 Prozent glaubten, dass Sinti und Roma zur Kriminalität neigen würden – dieser Wert steigt seit Jahren kontinuierlich an. Das Agieren der NPD ist dabei sowohl ein Ausdruck dieser weit verbreiteten rassistischen Stereotype als auch eine Konsequenz des gesellschaftlichen Rechtsrucks: Wenn fast zwei Drittel der Bevölkerung inzwischen solche Vorurteile glauben, dürfen sich Rechtsextreme ermutigt und bestärkt darin fühlen, die betroffenen Menschen tatsächlich ihrer Rechte zu berauben oder ihnen sogar Gewalt anzutun. Es ist deshalb dringend geboten, dass der Rechtsstaat in Form der rot-rot-grünen Landesregierung hier ein deutliches Zeichen setzt.
Amaro Foro e.V. ist ein interkultureller Jugendverband von Roma und Nicht-Roma mit dem Ziel, jungen Menschen durch Empowerment, Mobilisierung, Selbstorganisation und Partizipation Raum zu schaffen, um aktive Bürger*innen zu werden. Als junge Roma und Nicht-Roma übernehmen wir gemeinsam Verantwortung in der Gesellschaft für Achtung und gegenseitigen Respekt. Das Dokumentationsprojekt wird von Amaro Foro seit 2014 umgesetzt und ist bundesweit das einzige Projekt dieser Art. Wir dokumentieren antiziganistische Vorfälle in Berlin in allen Lebensbereichen und veröffentlichen unsere Auswertung jedes Jahr. Mit gezielter Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit machen wir auf Antiziganismus aufmerksam und sensibilisieren politische und soziale Akteure ebenso wie die Medien. Das Projekt wird von der Landesantidiskriminierungsstelle gefördert.
ReachOut ist eine Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Berlin.
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