Im Hamburger Schanzenviertel wurde am Dienstag, den 12. Mai, ein Stolperstein, der an die Verfolgung und Ermordung des Sinto Johann „Rukeli“ Trollmann erinnert, von unbekannten Tätern mit SS-Runen beschmiert. Anwohner, die die Beschädigung entdeckten, haben die NS-Symbole umgehend entfernt und den Gedenkstein gereinigt. Der Landesverein der Sinti in Hamburg e.V. erstattet heute Anzeige bei der Hamburger Polizei.
„Nur wenige Tage nach dem 75. Jahrestag der Befreiung am 8. Mai wurde der Stolperstein für Rukeli Trollmann in der Straße „Am Schulterblatt“ in Hamburg mit SS-Runen beschmiert. Deshalb bleibt die Auseinandersetzung mit dem Antiziganismus notwendig. Erst letzte Woche erinnerte die Gedenkstätte Neuengamme virtuell an die Befreiung des Lagers, in dem auch Trollmann von den Nationalsozialisten inhaftiert worden war. Die Deportation vom 16. Mai 1940 aus Hamburg in das besetzte Polen ist Anlass, auf die heutige Bedeutung der Bürgerrechtsarbeit auch gegen rechte Hetze und Gewalt hinzuweisen“, sagte der Vorsitzende des Landesvereins der Sinti in Hamburg Arnold Weiß.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose verurteilt die Schändung des Gedenksteins in Hamburg: „Rechtsextremisten, krankhafte Nationalisten und Verschwörungstheoretiker stoßen immer mehr in den öffentlichen Raum vor und verüben Anschläge auf Gedenkorte. Sinti und Roma sind in Deutschland und in Europa zunehmend einem gewaltbereiten Rassismus ausgesetzt, der immer wieder auch von staatlicher Seite – wie aktuell in der Corona-Krise in Osteuropa – angeheizt und gerechtfertigt wird. Der aggressive Antiziganismus richtet sich zwar in erster Linie gegen Sinti und Roma, aber im Kern gegen unsere Demokratie.“
Der Zentralrat fordert den zuständigen Staatsschutz des LKA Hamburg dazu auf Ermittlungen einzuleiten.
Der Gedenkstein vor dem Flora-Theater erinnert an den berühmten Sinto Boxer Johann „Rukeli“ Trollmann, der 1933 dort seinen letzten Sieg als Profiboxer erkämpfte. 1942 wurde Trollmann in Hannover verhaftet und ins Konzentrationslager Neuengamme verschleppt. Nachdem er von einem SS-Aufseher als der Boxer Trollmann erkannt worden war, musste er abendlich gegen Männer der SS kämpfen. Im Sommer 1944 wurde Trollmann im Außenlager Wittenberge von einem Kapo erschlagen.
Mehr Informationen zum Hintergrund des Stolpersteins, seiner Gestaltung und Bilder der Einweihung 2009 gibt es hier: https://verortungen.de/gedenkorte/hamburg-schulterblatt-stolperstein-johann-trollmann/