Virtuelle Gedenkveranstaltung am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

Anlässlich des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocaust und des 76. Jahrestages der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945 luden das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas ein, gemeinsam an die 500.000 ermordeten Sinti und Roma Europas und alle anderen Menschen, die der nationalsozialistischen Willkürherrschaft zum Opfer fielen, zu erinnern.

Aufgrund der Covid-19-Pandemie fand die Gedenkveranstaltung ausschließlich virtuell statt. Die Veranstaltung kann auch auf der Gedenkseite zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma angesehen werden. Dort finden sich auch weitergehende Informationen zum Holocaust an den Sinti und Rom:

https://www.roma-sinti-holocaust-memorial-day.eu/

Das Programm der virtuellen Gedenkveranstaltung:

Begrüßung:

Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Ansprachen:

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma
Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin
Carmen Marschall für die Überlebenden
Ursula Krechel, Schriftstellerin
Berndt Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten

Zitate aus den Ansprachen:

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma (komplette Rede im Anhang):
„Wir gedenken an diesem Tag aller Menschen, die der nationalsozialistischen Willkürherrschaft zum Opfer fielen. Alle Opfer verbindet das erlittene Unrecht und es ist unsere Verpflichtung, ihr gemeinsames Vermächtnis auch in Zukunft zu bewahren. […] Die heutige politische Situation in Europa und der Welt zeigt allerdings, dass diese Verantwortung von der europäischen Gemeinschaft nicht vollumfänglich angenommen wird. […] In Europa ist es die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die in Artikel 1 festschreibt: ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar.‘ […] Dennoch müssen in den Slums in Mittel- und Südosteuropa, inmitten der Länder der europäischen Union, Roma in unwürdigen Verhältnissen leben, müssen ein System der Apartheid in den Bereichen der Bildung, des Wohnens, in der Gesundheitsversorgung und auf dem Arbeitsmarkt erdulden, während die Regierungen diese Situation tatenlos hinnehmen. […] Diese Situation ist skandalös, sie ist nicht hinnehmbar und auch nicht mit der Grundrechtecharta der Europäischen Union vereinbar.“

Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin:
„Es hat beschämend lange gedauert bis die deutsche Mehrheitsgesellschaft die monströsen Verbrechen Deutschlands an den Sinti und Roma als Völkermord anerkannt hat. Und es hat ebenso lange, unerträglich lange, gedauert bis das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas entworfen, gebaut und 2012 dann endlich eingeweiht wurde. Es ist wichtig diesen Ort der Erinnerung zu haben.“

Carmen Marschall für die Überlebenden:
„Mein Vater konnte nie darüber sprechen, wie er das Vernichtungslager überlebt hat. Seine Erlebnisse waren zu traumatisch. Er hat immer nur darüber berichtet, wie er gegen Kriegsende von der SS auf einen Todesmarsch getrieben und schließlich von amerikanischen Soldaten befreit wurde. […] Fast allen inhaftierten Sinti und Roma wurde in der Bundesrepublik jede Entschädigung für das ihnen zugefügte Unrecht verweigert. Viele Jahrzehnte lang wurde der Holocaust an unserer Minderheit ignoriert.“

Ursula Krechel, Schriftstellerin:
„Wir verbeugen uns vor diesen Menschen, deren Stimmen nicht gehört worden sind, die stumm gemacht worden sind, am Rande standen, zurückgedrängt in die Anonymität, als wären 600.000 Tote und die Schatten, die sie auf die nachfolgende Generation werfen nicht genug.“

Berndt Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten:
„Eine aktive und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist nur dann möglich, wenn ein Umgang frei von Vorurteilen garantiert ist. Auch die Medien stehen in diesem Zusammenhang in einer besonderen Verantwortung, Vorurteilen und Gewalt durch ihre Berichterstattung und ihre Beiträge keinen Raum zu bieten.
Um mit vorhandenen Vorurteilen und Stereotypen zu brechen ist es mir als Beauftragter der Bundesregierung für Nationale Minderheiten ein ganz besonderes wichtiges Anliegen, dass die Minderheit Anerkennung für ihre über 600-jährige Geschichte und Kultur in Deutschland und Europa erfährt.“


Romani Rose sprach außerdem bei der offiziellen Gedenkveranstaltung des Europarates zusammen mit führenden Vertreterinnen und Vertreter des Europarates sowie Opfervertretern:

https://www.coe.int/en/web/antisemitic-anti-muslim-hatred-hate-crimes/international-day-of-commemoration-of-the-victims-of-the-holocaust

 

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