Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma kritisiert scharf die von Steffen Hallaschka moderierte Sendung „Die letzte Instanz“, die vom WDR am 29. Januar 2021 ausgestrahlt wurde. In der Sendung wurde unter anderem die Frage zu Diskussion gestellt „Das Ende der Zigeunersauce: Ist das ein notwendiger Schritt?“
Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats, sagte: „Mit Fassungslosigkeit habe ich registriert, dass zwei Tage nach dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, an dem der 500.000 in Europa ermordeten Sinti und Roma gedacht wurde, es sich vier Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft anmaßen, darüber zu urteilen, ob eine von der Minderheit als beleidigend abgelehnte Fremdbezeichnung im deutschen Sprachgebrauch ihre Berechtigung habe oder nicht. Die „letzte Instanz“ bei dieser Frage sind die Betroffenen, deren Meinung in der Sendung jedoch nicht gehört wurde. Diese Sendung erweckt den Eindruck, sie wolle mit Antiziganismus und dümmlichen Auftritten Quote machen.
Dass der Westdeutsche Rundfunk sich nach öffentlichem Druck für die dreiste und populistische Machart der Sendung entschuldigte, ändert nichts an der Tatsache, dass in großen Teilen der Medienlandschaft keinerlei Bewusstsein für den in der Gesellschaft weitverbreiteten und gewaltbereiten Antiziganismus vorhanden ist. Gleichzeitig stellen wir fest, dass in den sozialen Medien die Kritik an dieser Sendung, zumal von jungen Menschen, sehr deutlich geäußert wird – eine positive Entwicklung, die auch gegen die zunehmenden Hass-Kommentare im Internet steht.“
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma empfindet es als unverschämt und beleidigend, wenn in der Sendung billige Witze auf Kosten einer Minderheit gemacht werden, ohne dass die Moderation in irgendeiner Form eingreift. Vielmehr hat der Moderator Hallaschka Diskutanten durch die Art der Zwischenfragen dazu gedrängt, ihre Aussagen auf Kosten von Minderheiten noch zu verschärfen. Dies ist im öffentlich-rechtlichen Rundfunk absolut inakzeptabel. Hinzu kommt, dass bereits der Einspieler zur Sendung genau die antiziganistischen Aussagen aufgenommen hat, die von den Diskutanten später wiederholt wurden und die Sendung gezielt auf diese ausgerichtet wurde. Es kann keine Rede davon sein, etwas sei hier „aus dem Ruder gelaufen“.
Dass eine solche Sendung ausgestrahlt wurde zeigt, dass Antiziganismus als Teil des Alltagsrassismus und als Problem nicht ernst genommen wird. Aufgrund des redaktionellen Versagens wendet sich der Zentralrat an die Programmverantwortlichen beim WDR und wird sie um ein klärendes Gespräch bitten. Darin soll es auch darum gehen, wie der WDR zu verhindern gedenkt, dass mit solchen Sendungen, wie „Die letzte Instanz“ auf dem Rücken von marginalisierten Gruppen die Quote erhöht werden soll.
Es ist überfällig, dass Vertreterinnen und Vertreter der Sinti und Roma in den Rundfunkräten der öffentlich-rechtlichen Sender wie in der Medienaufsicht für die Privatsender endlich einen festen Platz erhalten, um der Normalität des Antiziganismus, wie er sich immer wieder in den Medien zeigt, entgegenzutreten. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wird sich gemeinsam mit seinen Landesverbänden hierzu an die jeweils verantwortlichen Institutionen wenden.
Verwandte Veranstaltungen:
,