Zeitzeuge des Holocaust Rudolf Steinbach verstorben

Rudolf Steinbach anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages für Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau © Zentralrat Deutscher Sinti und Roma

Der Zentralrat und das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma trauern um den Holocaust-Überlebenden Rudolf Steinbach, der am 23. März 2023 im Alter von 95 Jahren in seiner Heimatstadt Koblenz verstorben ist.

Rudolf Steinbach war dem Zentralrat sowie dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma eng verbunden und begleitete die Delegationen des Zentralrats viele Jahre lang am 2. August zur internationalen Gedenkfeier ins ehemalige Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Der Vorsitzende des Zentralrats und des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, würdigte ihn mit folgenden Worten:

„Rudolf Steinbach hat sich als Überlebender des Vernichtungslagers Auschwitz Zeit seines Lebens dafür eingesetzt, die Erinnerung an den Holocaust an den 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzten Europa wachzuhalten. Bis ins hohe Alter nahm er an der jährlichen Gedenkveranstaltung zum Europäischen Holocaust Gedenktag für Sinti und Roma am 2. August in Auschwitz teil. Seinem Wirken als Zeitzeuge und als starke Stimme gegen Rassismus und Antiziganismus gehört unsere Anerkennung und unser Respekt.“

Im März 1943 wurde Rudolf Steinbach zusammen mit seiner Familie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Er gehörte damit zu den 23.000 Sinti und Roma, die auf Anordnung von Reichsführer-SS, Heinrich Himmler in das Vernichtungslager verschleppt wurden. Annähernd 90% der nach Auschwitz-Birkenau deportierten Sinti und Roma wurden ermordet. In einem Zeitzeugengespräch berichtete Rudolf Steinbach Jahrzehnte nach Kriegsende über die Ermordung seines Vater und seiner beiden jüngsten Geschwister, deren Zeuge er wurde.

„Meine beiden Schwestern Ursula und Katharina, sie waren beide noch keine zehn Jahre alt, trug ich in Auschwitz selbst auf den Berg von Leichen – sonst hätte es keiner getan.“

Zwei weitere Schwestern sowie seine Mutter gehörten zu den 4.300 Sinti und Roma, die in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 von der SS in den Gaskammern ermordet wurden. Rudolf Steinbach überlebte, da er von der SS als „arbeitsfähig“ eingestuft und in das Konzentrationslager Buchenwald verlegt wurde.

In Buchenwald musste er unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit in einem Steinbruch leisten. Als sich alliierte Truppen im April 1945 dem Lager näherten, begann die SS mit der hastigen Räumung des Lagers. Tausende Häftlinge wurden in Todesmärschen in Richtung des Konzentrationslagers Flossenbürg getrieben. Wer dieser unmenschlichen Tortur nach den Entbehrungen der jahrelangen Inhaftierung nicht mehr gewachsen war, wurde von den Wachmannschaften an Ort und Stelle erschossen. Rudolf Steinbach erreichte Flossenbürg und wurde von dort weiter in das Konzentrationslager Dachau verschleppt, wo er schließlich von amerikanischen Soldaten befreit wurde.

Wie viele andere Überlebende war auch Rudolf Steinbach Zeit seines Lebens durch seine grausamen Erlebnisse in der NS-Zeit traumatisiert. Dennoch engagierte er sich unermüdlich für die Aufklärung über den Holocaust an den Sinti und Romal. Im Mai 2012 wurde er für seinen Einsatz für Versöhnung und Verständigung mit dem »Bundesverdienstkreuz am Bande« der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.