Schonung für die Mörder? Die justizielle Behandlung der NS-Völkermordverbrechen

Schriftenreihe des Zentralrats, Band 9, Heidelberg 2015

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma veröffentlicht heute eine Dokumentation mit dem Titel Schonung für die Mörder? – Die justizielle Behandlung der NS-Völkermordverbrechen und ihre Bedeutung für die Gesellschaft und die Rechtskultur in Deutschland. Der Zentralrat will mit diesem Projekt über die jahrzehntelangen Initiativen des Verbandes und seiner Gründer für eine rechtsstaatliche Verfolgung der Täter und Organisatoren des NS-Völkermordes informieren und das Versagen der Justizbehörden bei den Ermittlungsverfahren dokumentieren. „Hier sehen wir uns nicht nur in der Verantwortung gegenüber den Opfern und den Überlebenden des Holocaust, sondern auch in der Pflicht zur Bewahrung des Rechtsstaats“, erklärte heute der Vorsitzende des Zentralrats, Romani Rose, in Heidelberg.

Nach der Befreiung aus den Konzentrationslagern hatten die Überlebenden schon sehr früh in Eingaben an die Justiz kritisiert, dass die ihnen bekannten Mörder unbehelligt in Freiheit waren und frühere Funktionen in den Behörden wieder ausübten. Die Mitbegründer der Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma, Vinzenz und Oskar Rose, schrieben im Jahre 1948 an die Justiz in München: „Sie werden verstehen, dass wir ein großes Interesse daran haben, diese Leute unschädlich zu wissen, denn sie waren ja die Triebfeder, aufgrund derer viele ungezählte Menschen den Tod fanden, darunter aus unserer Familie allein dreizehn.“

Die Täter wurden bis zu ihrem Lebensende nicht strafrechtlich belangt. Anlass für die vorgelegte Bestandsaufnahme, zu der noch ein zweiter Band folgen wird, sind
vor allem die ab dem vergangenen Jahr neu zur Anklage gebrachten Strafverfahren gegen mehrere in Deutschland noch lebende Angehörige der SS-Wachmannschaft von Auschwitz – meist im Alter von über 90 Jahren – und die öffentliche Diskussion dazu. In dem jetzt erschienenen Band sind auch die Beiträge einer Konferenz zu der Thematik aus dem Jahre 1992 enthalten, an der Repräsentanten der zuständigen deutschen und ausländischen Strafverfolgungsbehörden sowie Medienvertretern in der Akademie Boll teilgenommen haben. Diese erscheinen heute wieder aktuell.

Die Dokumentation ist beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg zu beziehen: zentralrat@sintiundroma.de

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