Antiziganistische Darstellungen im RBB

Eine Analyse der Sendungen RBB-Reporter: „Der große Klau“ und des Klartext-Beitrags „Misstrauen und Angst im Kiez"

Kurzexpertise von Markus End

Die beiden untersuchten Beiträge des RBB ethnisieren soziale Phänomene in ungerechtfertigter Weise, verallgemeinern einzelne Vorkommnisse oder Verhaltensweisen als ‚Roma‘-Eigenschaften und müssen somit als antiziganistische Kommunikation im oben genannten Sinne verstanden werden. Insbesondere fördern und unterstützen sie das tief verwurzelte rassistische Vorurteil, ‚Roma‘ würden zur Kriminalität neigen.

In einer gesellschaftlichen Situation, in der knapp sechzig Prozent der Deutschen bei einer repräsentativen Umfrage dieser Aussage zustimmen (vgl. S. 3) kann nicht davon ausgegangen werden, dass Journalist_innen frei von diesen Vorurteilen sind. Insofern müssen Redaktionen sich eingestehen, „dass keine explizite willentliche Entscheidung nötig ist, um Antiziganismus zu kommunizieren. Im Gegenteil bedarf es hier der willentlichen Entscheidung, die von außen herangetragenen und die eigenen – häufig eingeschliffenen – Denkmuster, Wahrnehmungsweisen und Weltbilder zu reflektieren und in Frage zu stellen.“

Solange diese willentliche Entscheidung nicht getroffen wird, solange wird die Minderheitenzugehörigkeit von Rom_nja in den Medien wie auch in Teilen polizeilicher Arbeit weiterhin mit antiziganistischen Topoi wie ‚Kriminalität‘ verknüpft. Dies trägt zu einer gesellschaftlichen Wahrnehmung von ‚Roma‘ als Bedrohung bei wie sie „Der Große Klau“ zum Ende des Beitrags entwirft. In der letzten Sequenz des Beitrags kommt noch einmal der deutsche Ermittler Sven Lichtenberg zu Wort: „Wie geht’s weiter in Berlin?  Naja, wir suchen uns jetzt neue, neues Verfahren. Wir haben jetzt wieder ne Gruppe da… selbe Ethnie,… selbes Land,… nur anders aufgestellt und das Verfahren ist im anlaufen… und vielleicht sprechen wir uns in zwei Jahren nochmal“ (GK, 42:57-43-14).

Anstatt die Frage zu stellen, wieso ein deutscher Polizist weiß, welcher „Ethnie“ Tatverdächtige angehören und warum er diese Information als erste und damit wichtigste kommuniziert, übernimmt der Beitrag dessen Sichtweise und bestärkt die Mehrheit der deutschen Bevölkerung in ihrer Annahme, dass ‚Roma‘ eben wirklich „zur Kriminalität neigen“ und dass ihre Anwesenheit folglich ein ‚Problem‘ darstellt.

Die Beiträge des RBB stellen keine Besonderheit dar. Umso wichtiger ist es, der Forderung nach einer konsequenten Bekämpfung des Antiziganismus deutlich Nachdruck zu verleihen. Medienvertreter_innen, Redaktionen, Bildarchive und Verlage müssen diese Forderung ernst nehmen. Medien müssen somit als ein für die Reproduktion des gesellschaftlichen Antiziganismus hochgradig relevanter Faktor verstanden werden. Sie können jedoch ebenso ein relevanter Faktor für die Bekämpfung des Antiziganismus sein.

 

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