Die Überlebende des Holocaust Zilli Schmidt, geborene Reichmann, ist gestern im Alter von 98 Jahren in Mannheim gestorben. Zentralratsvorsitzender Romani Rose würdigte das Leben und Wirken der Verstorbenen: „Mit Zilli Schmidt ist eine weitere Stimme verstummt, die Zeugnis ablegen konnte von den Schrecken der Nazizeit. Sie konnte sich erst spät in ihrem Leben dazu durchringen, über ihre unvorstellbaren Erlebnisse zu sprechen. Doch nachdem sie sich entschlossen hatte, ihre Geschichte zu erzählen, hat sie unermüdlich Zeugnis abgelegt und immer wieder das Wort vor allem an die junge Generation gerichtet, deren Zukunft ihr ganz besonders am Herzen lag. Sie hat einmal gesagt: ‚Solange ich das noch kann, erzähle ich die Wahrheit über Auschwitz‘ und das hat sie getan bis fast an ihr Lebensende. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist Zilli Schmidt zu tiefem Dank verpflichtet und wird ihr immer ein ehrendes Andenken bewahren.“
Zilli Schmidt stammte aus einer alten Sinti-Familie, die Eltern betrieben eines der ersten Wanderkinos in Deutschland. Sie hat das Konzentrationslager Lety in Böhmen und dann das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau überlebt. Ihr Bruder wurde als Soldat von der Ostfront nach Auschwitz-Birkenau verschleppt, er traf dort in seiner Uniform ein. Im »Zigeunerfamilienlager« gelang es ihr 1943/44 durch Kontakte zu Funktionshäftlingen zunächst ihre Angehörigen zu retten – ihre kleine Tochter, ihre Eltern, ihre Schwester mit sechs Kindern und viele weitere Verwandte wurden dennoch in der Nacht vom 2. August 1944 in den Gaskammern ermordet. Sie wurde in das Konzentrationslager Ravensbrück zur Zwangsarbeit deportiert. Zilli gelang die Flucht. Nach Kriegsende fand sie nur ihre beiden Brüder wieder.
Die Nachkriegsjahre waren geprägt von Diskriminierung und zermürbenden Kämpfen um Anerkennung und Entschädigung als NS-Opfer. 1988 berichtete Zilli Schmidt erstmals im Prozess gegen den ehemaligen SS-Rottenführer Ernst-August König öffentlich über ihre Erinnerungen an Auschwitz.
Nachdem Zilli Schmidt jahrzehntelang vom Bayerischen Landesentschädigungsamt die Anerkennung ihres Verfolgungsschicksals verweigert wurde, erhielt sie erst in diesem Jahr, wenige Wochen vor ihrem Tod, über einen vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erreichten Vergleich eine symbolische Entschädigung.