Der Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Uwe Neumärker, und einzelne Vereine von Sinti und Roma beginnen erneut mit Aufrufen und Unterschriftensammlungen, weil angeblich das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin gefährdet sei. Dabei werden wieder, wie in der Vergangenheit, falsche Behauptungen aufgestellt, dass das Denkmal „unwiderruflich zerstört“ werde. Von einer „Zerstörung“ des Denkmals, für dessen Durchsetzung sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma über Jahrzehnte hinweg gegen vielfache Widerstände eingesetzt hat, kann keine Rede sein.
Der Berliner Senat hatte am 28. September 2023 zu einem Gespräch über den aktuellen Planungsstand der S-Bahn-Trasse eingeladen, die unterhalb des Denkmals für die ermordeten Sinti und Roma Europas verlegt werden soll, wo bereits jetzt schon eine U-Bahn-Linie verläuft.
Der Vertreter der Deutschen Bahn erklärte in diesem Gespräch, dass nach der mehrjährigen Prüfung von 50 Streckenführungen nur die vorgelegte Variante 12h als einzig realisierbare zur Diskussion steht, die – nach erneuter Versicherung der Deutschen Bahn – auch während der geplanten Baumaßnahmen den Zugang von Besuchern zum Denkmal ausdrücklich nicht einschränken wird.
Der Zentralrat hatte seit Beginn der Gespräche 2020 die Deutsche Bahn und den Berliner Senat aufgefordert alle Möglichkeiten für eine Streckenführung zu prüfen, die das Denkmal nicht tangieren. In diesen Gesprächen hat der Zentralrat aber auch gegenüber dem Berliner Senat, der Deutschen Bahn und dem Deutschen Bundestag erklärt, wenn es nach allen Prüfungen keine anderen Alternativen der Streckenführung mehr gibt, will sich der Zentralrat Gesprächen nicht verschließen, um eine gemeinsame Lösung für dieses für Berlin wichtige Verkehrsprojekt zu finden, wie der Zentralrat bereits in einer Stellungnahme im Mai 2021 erklärt hat.
„Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erkennt die Notwendigkeit des Bauvorhabens der neuen S-Bahnlinie, die wichtig ist für die Infrastruktur und für Millionen Menschen in Berlin. Als deutsche Sinti und Roma betrachten wir uns als selbstverständlicher Teil der deutschen Bevölkerung und dieses Landes. Deshalb ist es für den Zentralrat auch wichtig, dass hier gemeinsam mit Bahn, Senat und dem Deutschen Bundestag eine Lösung im Interesse aller gefunden wird“, so Zentralratsvorsitzender Romani Rose.
„Die öffentliche Diskussion darf nicht dazu führen, dass Sinti und Roma für das Scheitern dieses wichtigen Projekts in Berlin verantwortlich gemacht werden und Rechtsextremisten und Nationalisten dies propagandistisch für ihren antiziganistischen Hass verwenden. Der Zentralrat warnt davor, dass in der breiten Öffentlichkeit eine emotionale Diskussion über das Scheitern der wichtigen Verkehrsinfrastruktur in unserem Land auf dem Rücken unserer Minderheit ausgetragen wird. Der Vorstand des Zentralrats sieht sich hier in der politischen Verantwortung für die Sicherheit unserer Minderheit und für eine gemeinsame Zukunft“, so Romani Rose.
Der Zentralrat erwartet von der Deutschen Bahn und vom Berliner Senat als Voraussetzung seiner Zustimmung, dass im weiteren Planungsprozess Gutachten eingeholt werden, die sicherstellen, dass die Tunnelführung der S-Bahn zu keinen Erschütterungen am Denkmal führen.
Der dem Zentralrat vorliegenden Planung zufolge müssten 5 oder 6 Bäume auf dem Grundstück des Denkmals im Bauprozess gefällt werden. Dabei ist zu beachten, dass das von Dani Karavan gestaltete Ensemble in seiner gesamten Wahrnehmung mit den Bäumen, durch Neuanpflanzungen – auch mit bereits größeren Bäumen – wiederhergestellt wird. Der Zentralrat erwartet vom Berliner Senat die Vorlage der freiplanerischen Gestaltungsgutachten, die vom Senat und von der Bahn bereits 2021 angekündigt wurden.
Der Zentralrat fühlt sich dem Künstler Dani Karavan zutiefst verbunden und würdigt die Gestaltung des von ihm geschaffenen und weltweit anerkannten Denkmals. Der Zentralrat hat gegenüber dem Berliner Senat und der Bahn deutlich gemacht, dass die künstlerische Gestaltung von Dani Karavan nicht verletzt werden darf.
So erklärte Dani Karavan dazu in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Zentralrat im Juli 2020: „Schutz und Bewahrung des Denkmals steht an erster Stelle, wir müssen genau wissen, was hier geplant wird. Das Denkmal ist nicht allein das Schwarze Becken, es ist der gesamte Ort. Erst wenn wir sehen, was konkret geplant wird, können wir sagen, wie wir mit den Anforderungen umgehen. Jeder Eingriff in das Denkmal muss mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und mit mir als dem verantwortlichen Künstler abgestimmt sein.“
Dani Karavan hat darüber hinaus in einem Schreiben an den Zentralrat im Februar 2021 seine Bereitschaft für eine Lösung signalisiert. Er hat dabei die Verlegung des Zugangsschachts unterhalb des Denkmals in Betracht gezogen, wenn sichergestellt wird, dass die Zeremonie des täglichen Wechsels der Wildblume in der Mitte des Denkmals ohne Unterbrechung fortgesetzt werden kann, und wenn das Denkmal wieder vollständig hergestellt wird.
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma bat jetzt die Berliner Senatorin Schreiner und Senator Chialo als zuständige Auftraggeber dieses für Berlin wichtigen Verkehrsprojektes um eine öffentliche Klarstellung, um damit die Diskussion zu versachlichen und den falschen Darstellungen entgegenzuwirken.