Kurschus: Wir müssen uns mit dieser Schuldgeschichte der Kirchen auseinandersetzen

EKD-Rat veröffentlicht Erklärung zur Zusammenarbeit mit Sinti und Roma
Berlin, 29.01.2023: Berliner Dom, Gedenkgottesdienst der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Sinti und Roma mit Übergabe der Erklärung der EKD zur Bekämpfung von Antiziganismus. Foto: © Jens Jeske

Anlässlich des 40. Jahrestages der Gründung des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine Erklärung zur Bekämpfung von Antiziganismus und zur Zusammenarbeit mit Sinti und Roma veröffentlicht. „Gemeinsam mit Angehörigen der Minderheit von Sinti und Roma wollen wir der Diskriminierung im Alltag von Kirche und Gesellschaft und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit insgesamt entgegenwirken“, so die EKD-Ratsvorsitzende, Präses Annette Kurschus. In diesem Zusammenhang nimmt der Rat der EKD auch die Arbeitsdefinition von Antiziganismus der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) an.

Die Abwertung und Ausgrenzung von Angehörigen der Sinti und Roma habe eine Geschichte, die sehr lange zurückreicht, so Kurschus. „Die Evangelische Kirche hat an vielen Stellen in der Geschichte Schuld auf sich geladen. Sie war daran beteiligt, Menschen zu verraten und der Verfolgung und Vernichtung auszuliefern.“ Zudem seien auch in der Kirche antiziganistische Stereotypen unreflektiert weitergetragen und Menschen dadurch erneut und fortwährend in ihrer Würde verletzt worden: „Es ist wichtig, dass wir uns mit dieser bis in die Gegenwart reichenden Schuldgeschichte der Kirchen auseinandersetzen.“

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma betrachtet es als „historisch“, dass die Evangelische Kirche in Deutschland anlässlich des Internationalen Holocaust- Gedenktages diese Erklärung zur Ächtung von Antiziganismus abgibt: „Die Evangelische Kirche bekennt sich darin erstmalig in dieser offiziellen Form vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu ihrer Verantwortung auch für unsere Minderheit. Die EKD setzt damit ein starkes Zeichen, um den seit Jahrhunderten tief in unserer Gesellschaft verankerten Antiziganismus zu ächten und um das Bewusstsein in Kirche und Gesellschaft über den Holocaust an 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzten Europa zu stärken.“, so Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats.

Die EKD wird sich deshalb mit Projekten im Bildungsbereich gegen antiziganistische Zerrbilder und für eine inklusive Praxis einsetzen. Dazu sucht sie weiter die Kooperation sowohl mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als auch mit dem Netzwerk „Sinti, Roma, Kirchen“. Darüber hinaus will die EKD die institutionelle Partizipation von Sinti und Roma in Politik und Gesellschaft nach Kräften unterstützen.

Zudem nimmt die EKD weiterhin teil am bundesweiten Netzwerk „Sinti, Roma, Kirchen“ aus kirchlichen und religiösen Gemeinschaften sowie aus bundesweiten und regionalen Strukturen von Sinti und Roma. Dabei geht es auch um die Auseinandersetzung mit dem spezifischen kirchlichen Anteil an der Verfolgungsgeschichte und an Antiziganismus in Vergangenheit und Gegenwart. Durch die Mitarbeit im Netzwerk sollen Vertrauen, politischer Dialog und Zusammenarbeit auf Augenhöhe gestärkt werden.

Die Erklärung wird am Sonntag, 29.1., nach einem Gottesdienst, der um 18 Uhr im Berliner Dom beginnt, in einer kleinen Zeremonie vorgestellt. Dabei werden Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, und Anne Gidion, Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, ein kurzes Grußwort sprechen.

Im Magazin „zeichen“ des Aktion Sühnezeichen Friedensdienste ist die Ansprache Romani Roses zur EKD-Erklärung inklusive eines kurzen Interviews mit Dr. Christian Staffa, Studienleiter der Evangelischen Akademie zu Berlin und Antisemitismusbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, abgedruckt (S. 32).

 

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